Stufe 12 5528 – 5960Km Albanien Gjirokastra, Dhermi

Nach ziemlich genau vier Wochen Griechenland „endlich“ ein neues Land – Albanien. Für mich immer eine Reminiszenz Herges` Tim und Struppi Bände, die in Bordurien und Syldavien spielten. Finstere Täler, kryptische Idiome, dramatische Berge und schräge Fahnen unter dem Joch eines durchgeknallten Herrschers hatte der Künstler dort beschrieben. Und so sieht auch die albanische Fahne aus – richtig cool!  Enver Hoxha, der albansiche Diktator, war in der Tat überhaupt nicht cool, eher ein pathologischer Psychopath.

Flagge Syldavien – Copyright Herge !

zum Vergleich – Flagge Albanien

Aber erst mal an die Grenze, das heißt: Erst endlich wieder einmal ein „richtiger“ Grenzübergang, Geldwechseln („Lek“) und damit eine richtige Erholung für unser Reisebudget. Denn vier Wochen Griechenland können einen richtig arm machen. Vor allem die Lebensmittelpreise sind höher als bei uns, aber auch der Sprit. Ein halbes Vermögen muss man ausgeben, wenn man auf griechischen Autobahnen unterwegs ist. Aber das schrieben wir ja bereits. Ach ja, und nach über zwei Monaten auch wieder die lateinische Schrift. Allerdings: Wir können nun zwar alles lesen, verstehen tun wir aber trotzdem nichts. Das Albanische ist eine ganz eigenständige und für unsere Ohren auch sehr fremde Sprache.

Albanien hat uns mit atemberaubenden Landschaften und besten Wetter empfangen. Wer zum ersten Mal da ist, staunt vor allem über zwei Dinge: die vielen Bunker (über 200.000 insgesamt!), die der ehemalige Diktator Hoxha hier überall zurück gelassen hat und über die wilden Müllkippen. In Albanien gab es lange Zeit keine funktionierende Abfallentsorgung – aber diese wird nun besser. Das muss sie auch, wenn das Land Touristen anziehen will. Das Potenzial ist wieder einmal da, die Haupverkehrwege mittlerweile gut. Erstaunlich viele ältere Leute sind in Campern unterwegs. Und wir stellen noch etwas fest: Kein Land auf unserer Reise ist so kinderlieb wie Albanien – und die anderen waren schon sehr gut dabei! Leo wird ständig getätschelt, geknutscht (!!!), bewundert und geknuddelt, bis es ihm manchmal ein bisschen zuviel wird. Er bekommt auch immer wieder was geschenkt: eine Orange, Walnüsse oder kleine Spielsachen.

Landschaft bei Dhermi

Aquamarin wie auf der Leinwand -Strand in Dhermi

Im Land der Skipetaren oder der 200000 Bunker

Unsere erste Station war das unweit der griechischen Grenze gelegene Gjirokaster, mit einer schönen Altstadt, die unter UNESCO-Schutz steht. Leider sind viele der einzigartigen historischen Häuser verfallen, das Geld fehlt vorne und hinten, um die Gebäude zu erhalten. Ein paar wenige Häuser kann man auch innen besichtigen. Die alten Eigentümerfamilien fungieren dabei als Guides, was sehr authentisch ist. Die Nachkommen der ehemals reichen Familien können wir direkt befragen. Von ihnen erfahren wir, wie schwierig es ist, diese mächtigen Häuser aus der osmanischen Zeit am Leben zu erhalten. Von der Regierung gibt es keinerlei Unterstützung, sie versuchen über das Eintrittsgeld die Häuser zumindest vor dem Verfall zu retten. Wir besuchen auch die imposante Burganlage und lassen uns wieder einmal durch alte Gassen treiben.

Gjirokastra – Blick von der Burg

Gjirokastra – Moschee. Unten drin befindet sich ein nettes Cafe 🙂

Gjirokastra – Skenduli Haus. Sehr sehenswert

Karstquelle Syri e Kalter oder „blaues Auge“. Aus der Quelle entspring ein Fluss. Trotz monatelanger Dürre!

 

Karstquelle Syri e Kalter oder „blaues Auge“.

Unsere zweite Station in Albanien ist Dhermi an der Küste. Dieses ehemals verschlafene, haptsächlich von Griechen bewohnte Nest entwickelt sich langsam zu einem richtigen Touristenort und besticht vor allem durch seinen langen Strand und die meist traumhafte Aquamarinfarbe des Wassers. Vor allem der südliche Küstenabschnitt in Albanien ist noch recht schön und naturbelassen – noch! Das liegt unter anderem auch daran, dass er zur Zeit Hoxhas` Diktatur teilweise Sperrgebiet war. Wir genießen die Nachsaison. Den absolut leeren Strand, das aufkommende Herbstlicht, die Ruhe im Urlaubsort – auch viele Restaurants sind bereits geschlossen. Wir versuchen es uns vorzustellen, wie der Ort mitten im Sommer aussieht… Wimmelt es hier von Touristen? Ist es laut? In der Septemberruhe fällt diese Vorstellung schwer.

Die letzte Station am Meer – sogar Leo war noch baden. Der Abschied fällt schwer

Dhermi. Glückliche Tage in Albanien

Die Berge hinter Dhermi – von 0 auf 2000m in einem Kilometer

Wir genießen die Tage in dem Wissen, dass es die letzten Tage unserer Reise sind, die wir am Strand verbringen. Einem Strand, wo das Wasser diese ganz besondere hellblaue Farbe und noch immer 23 Grad hat. In unserem kleinen familiengeführten Hotel ist auch fast gar nichts mehr los. Leo wird auch hier sofort ins Herz geschlossen. Jeden Morgen kocht die Chefin persönlich einen albanischen Kinderbrei („Trahana“) für ihn. Außerdem nimmt sie ihn mit zu den Hühnern und kümmert sich um ihn, während wir essen. Wofür andere Geld ausgeben, bekommen wir aus nächster Nähe mit: Der Hotelchef brennt seinen Schnaps noch selbst und wir dürfen hautnah dabei sein, wie aus Weintrauben vier Regentonnen Schnaps entstehen. Er erzählt uns, dass diese Menge für eine ganze Saison in der Regel ausreicht. Am Schluss bekommen wir eine Flasche des Selbstgebrauten mit.

Rakibrennen auf albanisch. Das waren drei Tage Arbeit.

Albanien? Castilla la Mancha? Don wer …? Ich sollte aus der Sonne!

Surrealismus

Albanien ist ein vielfältiges Reiseland, für das wir trotz seiner geringen Größe zu wenig Zeit mitbringen. Das siebte Land unserer Reise zeigt uns, wie unglaublich reich an Landschaften, Menschen und Impressionen Europa ist. Wir müssen wirklich nicht in die Ferne schweifen, um Exotik zu erleben, fremde und inspirierende Küchen zu schmecken, in reiche Geschichte und türkises Meer einzutauchen. Albanien hat einfaches, aber leckeres Essen, wieder einmal freundliche Menschen eine, zumindest teilweise, wunderschöne Küste und wilde, also richtig wilde Gebirgslandschaften. Es ist zudem das kostengünstigste Reiseland in dem wir waren, von der Ukraine mal abgesehen.

Nach rund einer Woche Albanien machen wir uns auf in Richtung Durres, wo uns eine Fähre über Nacht ins italienische Bari bringt. Bei der Verladung merken wir dann doch noch, dass wir in einem Land unterwegs waren, das als Cannabishochburg gilt und Kolumbien in nichts nachsteht, was den Rauschmittelmarkt anbetrifft. Die Fahrzeugkontrolle am Hafen ist wirklich akribisch – inklusive Drogenspürhund. Manch ein Wohnmobil muss sogar zum Scanner. Die Beamten nehmen hier ihren Job ernst, die EU – und da wollen die Albaner auch gerne rein – macht gewaltig Druck. Dabei geht es hier nur um Gras …aber das ist ein anderes Thema. Dann ist erstmal Warten angesagt, bis wir an Bord fahren dürfen. Wir beobachten das Wuseln und Rangieren im Fährhafen und bewundern, wie mancher LKW-Fahrer sein Fahrzeug und Anhänger rückwärts durch den engen Schlund der Fähre in ihren Bauch rangiert. Alles Millimeterarbeit. Als eines der letzten Fahrzeuge dürfen wir an Bord. Am nächsten Morgen werden wir die ersten sein, die in Bari an Land „fahren“ dürfen. Die Adria Ferries Fähre „Durres – Bari“ mit dem schönen italienischen Namen „Francesca“ ist übrigens sehr zu empfehlen. Für 130€ bekommen wir die Überfahrt nebst alter, aber blitzsauberer Kabine. Auf Wiedersehen Balkan – Ciao Italia !

Albanien mit Baby: Überhaupt kein Thema. Wahnsinnig kinderfreundliches Volk. Windeln teurer als in Deutschland, aber überall in größeren Orten zu haben. Gläschen nicht, die haben wir nur in Vlore bei Rossmann gesehen. Auch hier trafen wir mehrere Familien auf Elternzeitreise, eine junge Familie war viel länger geblieben als geplant, weil es ihnen so gefallen hat.

Stufe 11 4780- 5528Km Griechenland Monemvasia und Zagorochia

Es war dann doch Zeit für eine kleine Auszeit, diese haben wir uns jetzt gegönnt: Zehn Tage Ruheoase in der Nähe des wirklich sehr pittoresken Ortes Monemvasia. Unser Nest lag in fast völliger Abgeschiedenheit und Stille, in 350 Meter Höhe, in den Hängen über dem Meer, unser Blick von der Terrasse – spektakulär. Tagsüber hörte man nur ab und zu ein Auto vorbei fahren, die Hunde im nächsten Dort bellen und die Grillen zirpen. Nachts war es so dunkel, dass man die Milchstrasse richtig gut bewundern konnte und viele Sternschnuppen fliegen sah.

Blick von unserem Nest nach Monemvasia

In den zehn Tagen waren wir gleich zweimal in der Altstadt von Monemvasia – zumindest im September sind die Gassen fast leer gefegt und schlummern vor sich hin. Es ist ein Ort zum Verlieben! Schon allein die Lage auf einer Felseninsel! Nur eine einzige Straße verbindet den Monemvasia-Felsen, dessen Wände steil aus dem Meer aufsteigen, mit dem Festland. Der Fels an sich wirkt schon wie eine Festung. Im Übrigen ist es kaum jemanden gelungen, die Stadt in ihrer jahrhundertealten Geschichte (ihre Ursprünge gehen etwa ins 6. Jhr. zurück) zu erobern. Sie galt aufgrund der Lage als unbezwingbar, als sie von den Byzantinern gegründet wurde. Es gab nicht viel Platz auf dem Felsen – und so wurde alles etwas kleiner gebaut, ja platzsparender, als auf dem Festland: Die Häuser, die Gassen und die Kirchen. Die meisten Häuser sind wunderschön hergerichtet und sehen aus wie vor Jahrhunderten. An der Hauptgasse gibt es winzige Souvenirläden und viel Handgemachtes zum Kaufen, viele Cafes und Restaurants kommen im Puppenstubenformat daher. Als ich die Toilette aufsuche, muss ich den Hut ablegen, so eng ist es hier. Aber genau das macht den Charme des Ortes aus. Man möchte einfach nur durch die Gassen schlendern, versteckte Treppen entdecken und Durchgänge inspizieren. Ein Spielplatz für Erwachsene mit einer romantischen Ader!

Monemvasia – Platz im kleinen Zentrum

Unter den Osmanen verlor der Ort an Bedeutung, die Häuser verwahrlosten, die Leute zog es auf das Festland, wo das Wohnen inzwischen komfortabler war. In 1980er Jahren wohnten in der Altstadt nur noch 20 Leute. Aber: So langsam entdeckte man den Ort wieder. Reiche Athener suchten ein eigenes Refugium, Künstler eine inspirierende Umgebung, andere wiederum sahen das touristische Potenzial des Ortes – und so begannen sie alle den Ort wieder aufzubauen und etwas Wunderbares zu schaffen – das heutige Monemvasia. Es ist übrigens ein Ort, den ich allen ans Herz legen will, die zum Beispiel einen Hochzeitsantrag machen wollen. Auch perfekt für eine Hochzeitsreise geeignet.

Monemvasia – Byzantinische Kirche ganz oben am Berg

Monemvasia – romantische Gassen

Monemvasia – Nach der Hochzeit

Monemvasia – Während der Hochzeit

 

 

Von unserer Basis aus konnten wir auch wunderbare Wanderungen am Meer unternehmen. Man läuft auf gut ausgeschilderten Wegen, immer an der Küste entlang. Hier begegnen wir keiner Menschenseele statt dessen sehen wir immer wieder Schildkröten im Meer schwimmen. Ein wunderbarer Moment.

Traumhafte Küste ganz für uns alleine

Wanderung Richtung Kastania Höhle – Unten im Meer, immer wieder Schildkröten

Leider kommt auch ein trauriger Moment gleich hinterher. Wir sehen Tonnen von Müll in den Buchten. Unmengen von Plastikflaschen. So sehen einsame Buchten heute meistens aus. Überall auf der Welt. Das zeigt uns wieder, wie schlecht wir unseren Planeten behandeln. Wir verstehen einfach nicht, warum diese Plastikflaschen nicht einfach verboten werden. In den Tagen vor der Bundestagswahl 2017 in Deutschland wird wieder viel geredet über staatliche Eingriffe in das Leben der Menschen, aber bei einigen Dingen, wie dieser Flut an PET Flaschen, scheint es einfach nicht anders zu gehen. Früher ging es doch auch ohne! Wie die Meere aussehen werden, wenn Leo einmal groß ist? Dieser Gedanke wiegt einmal mehr ganz schwer in unserem Wandergepäck.

Verfluchtes Plastik -Hier verschlägt es einem den Atem

 

Ein paar schöne Badetage haben wir auch wieder zwischendurch gehabt. Einen ganz besonderen auf der Insel Elafonisos. Zugegeben, kein billiges Vergnügen, denn die Fähre allein kostet schon über 30 Euro, obwohl die Überfahrt nur 10 Minuten dauert. Aber es lohnt sich. Die Insel hat karibische Strände und bietet ein ganz besonderes Badevergnügen. In der Hochsaison soll sie allerdings sehr überfüllt sein, im September jedoch ist sie jeden Cent wert.

Traummeer und großer Badespaß in Elafonisos

Durchreise Westpeloponnes – Picknick am Strand

Die letzten Tage in Griechenland haben einen echten Tapetenwechsel mit sich gebracht. Wir sind im Norden bei Ioannina, einer der wenigen wirklich schönen Großstädte Griechenlands.

Die Gegend nennt sich Zagorochia von „Za“ und „Gorje“ (slawisch für „hinter den Bergen“) und das ist es wirklich. Zum ersten Male empfinde ich (=Jörn) ein wenig Trost für den Verlust der Berg-Erlebnisse im wilden Kaukasus, da wir uns ja gegen die Reise dorthin entschieden haben. Hier sagen sich Fuchs und Hase, oder besser gesagt Wolf und Bär, gute Nacht. Die Landschaft im nördlichen Bundesland Epirus ist geprägt von mächtigen Gebirgsstöcken, an denen in Zagorochia viele kleine Gebirgsdörfer kleben. Diese Dörfer waren früher derart abgeschieden, dass die Osmanen einen Deal mit den Einwohnern hatten und sie die Dörfer de facto unter Selbstverwaltung stellten. Dafür wollten die Osmanen regelmäßige Steuerzahlungen und Männer für das Heer. So konnten die Dörfer ihre Identität bewahren und profitierten von der Baukunst der Osmanen, was heute noch durch prächtige Bogenbrücken und die typischen Steinhäuser offenbar wird. Fast alle Dörfer sind geschlossene Ensembles von mächtigen Steinhäuser, die unter Denkmalschutz stehen.

Megalo Panpingo auf 1100 Metern

Als die Junta in den 70ern einen Spekulations- und Baumboom auslöste, was den meisten Orten in Griechenland das heutige fragwürdige Gesicht gab, waren die Dörfer der Zagorochia fast verlassen. Niemand hatte, Gottseidank muss man sagen, Interesse daran, die allgegenwärtigen Scheußlichkeiten auch dort zu errichten. Und so ist heute jedes der 46 Dörfer ein Freilichtmuseum für sich. Die Dörfer sind mit Pfaden und Brücken so wie früher miteinander verbunden, so dass man wunderbar von Dorf zu Dorf wandern kann. Dabei bleibt man fast immer allein auf weiter Flur – nur wenige Touristen sind hier unterwegs. Die Gegend ist ganz klar noch ein Geheimtipp außerhalb Griechenlands. Fast alle Häuser in den Dörfern sind heute wunderschön und originalgetreu hergerichtet. Die meisten beherbergen kleine Hotels, Tavernen und Cafes. Kein Hotel hat jedoch mehr als 10 Betten. Leider gibt es heute keine Schulen und Geschäfte mehr in den Dörfern, so dass die Gefahr groß ist, dass sie, mit weiterer Abwanderung, ihre Authentizität einbüßen und reine Museums- und Touristendörfer werden.

Megalo Papingo – das ist ein Hotel

Mikro Papingo – Blick übers Dorf

Mikro Papingo – Kirche

Ein weiterer Wandertipp: Markant ist die Vikos Schlucht, in die man hinabwandern kann. Wer Lust hat, durchquert die Schlucht ganz – das sind dann 10 km einfach und damit auch eine tolle Tageswanderung. Die Vikos Schlucht ist die tiefste Schlucht der Erde, wenn man das Verhältnis von Breite und Tiefe berücksichtigt.

Monodendri – Über der Vikos Schlucht

Monodendri – Abtsieg in die Vikos Schlucht

Ich fühle mich hier superwohl. Wieder einmal stelle ich fest: Berge sind mein Lebenslexeier. Selbst als sich zum ersten Mal in zehn Wochen das Wetter wandelt und der Herbst schlagartig Einzug hält – mit Regen und 9 Grad in der Früh, bin ich guter Dinge und unternehmungslustig. Wir unternehmen drei tolle Wanderungen an den drei Tagen und sind wirklich beeindruckt von Flora, Fauna und auch der tollen Geologie – die Felsformationen sind sehr abwechslungsreich und spektakulär. Lediglich Aga hat ab und zu ein mulmiges Gefühl beim Wandern – ob der vielen Bären in der Gegend. Wir werden irgendwann ganz sicher wiederkommen.

In Zagori – Tolle geologische Formationen

In Zagori – Diese Bogenbrücken finden sich überall

Zu diesem rundum schönen Aufenthalt hat auch Lucas, unser Gastwirt, beigetragen – ein vor Jahrzehnten ausgewanderter Belgier, der sich hier einen Traum erfüllt und zwei alte Steinhäuser umgebaut hat. Nun vermietet er seine blitzsauberen und schönen Zimmer und erfreut uns Abend für Abend am Kaminfeuer mit Geschichten über die Gegend und Griechenland aus der Sicht eines integrierten Zuwanderers. Höchst amüsant und interessant. Wir empfehlen daher sein Guesthouse ohne Wenn und Aber.

Unser tolles Guesthouse in Apraggeli – Abschied von Lukas

Noch ein paar Tipps aus der Sicht der Elternzeitreisenden mit Baby:

  1. Es gibt so gut wie keine Baby-Gläschen zu kaufen in Griechenland. Die wenigen, die wir zu Gesicht bekamen, waren von Nestle und extrem teuer (3,99€). Wir kochen zwar auch selber für Leo, aber „on the Road“, auf die Schnelle, sind Gläschen halt schon praktisch. Man sollte also einen ordentlichen Vorrat an Gläschen mitbringen oder sich komplett auf Selbstkochen einstellen.
  2. Windeln sind auch sehr teuer (wie im Übrigen Babybedarf generell) –- also am besten mitbringen. So viel wie möglich!
  3. Bei der Auswahl der Unterkünfte und Campingplätze haben wir mit der Zeit gelernt, darauf zu achten, dass sie unbedingt eine Umgebung haben sollten, wo man spazieren gehen kann, oder sonst wie Abwechslung mit dem Baby haben kann. Unser Nest in Monemvasia war zwar wunderschön, aber es gab nur eine Bergstrasse, keine Wanderwege oder sonstigen Auslauf. Es ist einfach super, wenn man Leo in die Manduka schnallen und loslaufen kann oder einen kleinen Ort in der Nähe hat. Auch in der kleinen Bucht im Chalkidiki war das nicht möglich. Man fühlt sich dann manchmal ein bisschen eingesperrt.

Vergesst nicht, dass sich das Kind in zwei, drei Monaten Reisezeit immens entwickelt. Leo lag nur rum, als wir losgefahren sind. Jetzt sitzt er, krabbelt, und stellt sich, mit den Ärmchen an Gegenständen haltend, hin. Dass er während der Reise z.B. sitzen lernen würde, haben wir irgendwie nicht bedacht. Jetzt wünschen wir uns die ganze Zeit einen Babyhochstuhl. Denn nun sitzt er beim Essen entweder auf dem Schoss von uns oder nölt am Boden sitzend, da er natürlich auf Augenhöhe möchte –  beides ist beim Essen kein Vergnügen. Denkt also an all die Entwicklungsschritte, die Euer Baby durchlaufen wird und bereitet Euch vor der Reise am besten auf diese Meilensteine vor (z.B. Krabbeldecke, Schlafsack, Babyhochstuhl etc.). Natürlich kann man auch nicht immer alles mitnehmen…

Stufe 10 3482-4780 Km Griechenland Chalkidiki, Pelion, Peloponnes

Wir sind schon seit zwei Wochen in Griechenland, so ist es wirklich höchste Zeit für ein  Update. Die Tatsache, dass wir nicht viel geschrieben haben, ist wohl auch dem Umstand geschuldet, dass wir nun einen anderen Reisemodus gefunden haben. Unsere Aufenthalte an einem Ort sind deutlich länger geworden und die Reise ist momentan ins Urlauben und Relaxen gekippt. Mit einer Ausnahme – dies waren unsere drei Tage in Athen – hierzu später.

Nach der Überquerung der kleinen Grenze bei Slatograd, mitten in den Rhodopen, kommt erst mal ziemlich lange keine Zivilisation, außer vielenTabakfeldern und einzelnen kleinen Dörfern. Die Menschen kleiden sich und sehen exakt so aus, wie auf der bulgarischen Seite. Es ist eine muslimische Minderheit, die hier lebt: die Pomaken. Und es ist umstritten, ob es sich nun um muslimische Slaven, ursprüngliche Osmanen oder Hellenen handelt. Jedenfalls sieht man eine ganze Zeit lang viele Moscheen und Frauen mit Kopftüchern auf Mopeds. Das ist etwas, was wir in Griechenland in der Form gar nicht erwartet hatten.

Unser Ziel ist der „mittlere Finger“ der Chalkidiki-Halbinsel, da dieser angeblich nicht so touristisch ist. Und tatsächlich: Auf dem kleinen Campingplatz Akti Oneirou geht es ziemlich entspannt zu. Die Gäste setzen sich zusammen aus 50 Prozent Rumänen und Bulgaren. Die anderen 50 Prozent sind ziemlich feierselige, dauercampende Griechen, die uns sofort auf Bier und Grillerei einladen wollen. Übriges: Vor zehn Uhr morgens, das stellten wir in den Folgetagen fest, sieht man hier keinen Menschen auf den Beinen. Strand und Wasser sind traumhaft und so bleiben wir vier Nächte und machen….nichts. Nein, das stimmt nicht ganz – Leo kann jetzt sitzen und hat dabei eine ganz neue Perspektive und eine Menge Spaß.

Unserse kleine Bucht Akti Oneirou auf Chalkidiki – der Berg Athos hinten im Nebel

Die Familie und der Held der Reise im Hintergrund – kein klein bisschen Ärger bisher mit dem Auto !

Auf der Weiterfahrt in Richtung der Pelion-Halbinsel bei Volos mache ich erstmals Bekanntschaft mit dem unverschämten System der griechischen Autobahngebühren. Diese sind total fair, wenn, ja wenn das Auto niedriger als 2,20 Meter ist. Das Gewicht (welches ja eigentlich ausschlaggebend ist für die Abnutzung) interessiert nicht. Gurkensalat ist 2,70 Meter hoch und so zahlen wir so viel wie ein ausgewachsener Reisebus! Für 200 Kilometer gehen so knapp 30 Euro drauf, da reicht es mir und ich wechsele auf die stille und ordentliche Landstraße.

Die Pelion-Halbinsel ist ein klassischer mediterraner Traum. Hohe Berge im Hinterland mit tollen Wandermöglichkeiten auf uralten, gepflasterten Versorgungswegen, quasi Eselspfaden, die die ganze Halbinsel durchziehen. Romantische Bergdörfer kleben an den Hängen, wie auch die „Gleise“ einer kleinen, alten Schmalspurbahn oberhalb des Meeres. Mit der Pelion Bahn fahren wir dann auch eines schönen Tages, um dann wieder ins Tal zu wandern. Die Strände auf der Lagunenseite sind ideal für Kinder, flach, kaum Brandung. Unser Campingplatz in Kala Nera ist allerdings relativ fest in deutscher Hand. Dennoch – richtig heftig touristisch ist es hier auch nicht. Wir bleiben sechs Tage zum Baden, Wandern, Erleben.

Pelion-Halbinsel: Malerisch schön, Griechenland wie im Bilderbuch.

Unsere Fahrt mit der Pelion Eisenbahn

Blick aufs Meer aus der Eisenbahn

Nicht schwindelerregend aber schön – die Fahrt mit der Pelion Bahn

Leos aktuelle Entwicklung ist auch Gelegenheit, mal wieder auf das eigentliche Sujet dieses Blog, nämlich das Reisen mit Baby zurück zu kommen und auf die Frage, ob das überhaupt gut für das Kind sei. Seit Kala Nera robbt Leo, was das Zeug hält. Er hat jetzt einen gewaltigen Sprung gemacht. Seitdem er sitzen kann, spielt er öfter längere Zeit im Sitzen mit seinen Siebensachen und ist richtig aktiv – sprachlich, körperlich und auch im Austausch mit uns. Seit ein paar Tagen imitiert er uns, wenn wir ihm etwas vormachen, es ist eine herrliche Zeit mit ihm.

Wir sind dann weiter nach Athen, dieser Stadt jedoch möchte ich ein eigenes Kapitel widmen, denn das ist sie wert.

Seit gestern sind wir nun auf der Ostseite des Peloponnes, auf einem extrem entspannten Campingplatz im Klettereldorado Leonidio, was mir gar nicht bekannt war. Aber die vielen Felsen um uns herum sagen eigentlich alles. Die Ostseite der Halbinsel scheint noch vergleichsweise ruhig zu sein. Die wunderschöne Küstenstrasse von Norden in Richtung Monemvasia wird nur vereinzelt durch kleine Ortschaften unterbrochen. Offenbar ist es den Leuten zu abgelegen hier. Die schönen wilden Strände sind oft menschenleer.

Unser Strand in Plaka/Leonidio

Liegt es an den Kletterern oder an den Griechen hier? Dieser Platz, also Camping Semeli hat uns sofort willkommen geheißen mit seiner völlig entspannten Atmosphäre ausgehend vom Besitzer bis zu den Gästen. Hier ist offenbar auch der Hotpsot für langzeitreisende Elternzeitler. Denn wir treffen zwei weitere Paare mit ihren Kindern. Die einen sind in einem T3 mit Aufstelldach 2 Monate unterwegs durch Hellas, die anderen schon zum zweiten Male mit dem zweiten Kind für einen Monat in Griechenland. Erst hat mich das gewundert, aber eigentlich ist Griechenland als Elternzeit-Destination mit Camper nur logisch. Man will außerhalb der Saison fahren, um Geld zu sparen und es soll natürlich noch warm sein – da kommt eigentlich, wenn es nicht zu exotisch sein soll, nur Griechenland in Frage oder Spanien. Jedoch ist die Anreise nach Griechenland auch unvergleichlich viel relaxter durch die Fähre als die 2300 Kilometer bis nach Andalusien auf der Autobahn.

Die Bucht bei Leonidio

Im einsamen Hochland des Peloponnes

Karst und mediterraner Bewuchs im Hochland

Noch ein paar praktische Tips:

Wer die hohe Autobahngebühr scheut: Wir haben die Gebirgspassagen auf der Autobahn gemacht und sind im Flachland die oft parallel oder sonstwie günstig verlaufende Landstraße gefahren. Die Landstrassen sind nicht wirklich voll, man kommt gut voran und spart eine Menge Geld. Nebenbei sieht man natürlich mehr von Land und Leuten

Die Dieselpreise in Griechenland unterliegen einer extremen Bandbreite. Aktuell zwischen ca. 1,11€ und 1,35€ – wobei die Tankstellen manchmal nur ein paar hundert Meter auseinander liegen. Die günstigen Tankstellen sind aber rar. Es gibt die hilfreiche App fuelGR zum Auffinden billiger Tankstellen, welche ich mir runtergeladen, und daher schon viel Geld gespart habe.

Einkaufen: Es ist wirklich schwierig. Die Preise in griechischen Supermärkten sind wirklich derart spürbar höher als bei uns, dass man jedes Mal geschockt ist, wenn man für den fast leeren Einkaufswagen knapp 50€ hinblättert – für Grundnahrungsmittel! So landet man zwangläufig irgendwann beim deutschen Discounter Lidl. Der ist auch nicht billig, aber günstiger. Allein das Problem ist, dass ca. 50 Prozent der Waren aus Deutschland kommen und das gute Geld der Griechen so wieder nach Deutschland abfließt. So werden die ihre Schulden nie los! Es muss jeder selber wissen, wo er einkauft und natürlich will man die heimische Wirtschaft unterstützen, aber die Preise sind einfach heftig…

 

Zum Abschluss noch ein kurzer Exkurs zu griechischen Wörtern im deutschen Sprachgebrauch: Wenn man so durch Griechenland fährt, entdeckt man ständig Ortsnamen, Begriffe oder Wörter, die uns täglich in Deutschland begegnen. Ja, natürlich war und ist uns klar, dass wir uns von den Griechen und den „Lateinern“ so vieles abgeschaut haben, aber wenn man das hier dann „live“ sieht, dann ist man an dieser Tatsache so nah dran. Einfach mitten drin. Hier eine Liste unserer linguistischen Begegnungen:

In Korinth dachten wir an die, die diese kack…

In Sparta kamen uns entsprechende Wohnverhältnisse in den Sinn,

in Lakonien die Bemerkungen.

In der Nähe von Delfi setzten wir uns mit dem Orakeln auseinander – und somit auch mit Ödipus und Krösus, denen berühmte Orakelsprüche galten.

Autobahnausfahrten und Ausgänge heissen „Exodus“.

Es wird Zeit, dass wir mal auf die Sporaden schauen…

Agrar ist oft auf Lebensmitteln zu lesen…

To be continued;-)

 

Stufe 9 3092-3482 Km Bulgarien der Rest: Veliko Tarnovo, Tryavna, Zlatograd

Unsere letzte Nacht in Bulgarien erwartet uns. Morgen geht es weiter nach Griechenland. Zeit, ein Fazit über Bulgarien zu ziehen. Landschaftlich betrachtet ist das Land sehr vielseitig: Es gibt viele Berge, das Schwarze Meer, steppenartige Landschaften, herrliche Laubwälder und im Süden wird es dann sehr mediterran. Auch einige Städte sind sehr sehenswert, wenn auch hier der sozialististische Langzeitherrscher Todor Schivkov sein Bestes gegeben hat, diese generalstabsmässig umzubauen.

So ist zum Beispiel die von uns besuchte Stadt Veliko Tarnovo, eine frühere Hauptstadt Bulagriens, sicher einen Besuch für ein, zwei Tage wert. Mit ihren Häusern aus der Zeit der bulgarischen Wiedergeburt (vgl. Renaissance im westlichen Europa) und einem Straßenzug, in dem alte Handwerkskunst lebendig ist. Auch die imposante Burganlage lädt zu einem Besuch ein, der sich lohnt.

Veliko Tarnovo

Veliko Tarnovo – Die Burganlage

Auf dem Weg zur Burg

Veliko Tarnovo – Die Altstadt

Ulitsa(Strasse) Prolet – bei uns wäre das die Fühlingsstaße.

Ebenso gefallen hat uns Tryavna am Nordrand des Balkangebirges – auch hier haben traditionelle Häuser aus der Zeit der bulgarischen Wiedergeburt überlebt.

Sehr schön: geschlossener Stadtkern – Tryanva

Stadtplatz Tryavna

Sokolski Kloster bei Tryavna

Diese Stadt eignet sich auch gut als Ausgangspunkt für Ausflüge – zum Beispiel in das Freilichtmuseum Etar, wo alte Mühlen und Webereien noch genauso funktioniern wie früher. Dieses Freilichtmuseum gehört definitiv zu den Highlights einer Bulgarienreise.

Freilichtmuseum Etar

Freilichtmuseum Etar

Wie ein Schildkrötenpanzer und typisch für die Region – Dachschindeln aus großen Steinplatten. Ich frage mich, wie das statisch funktioniert…

Alte Mühlentechnik – alles fuktioniert, das ist echt spannend

Etar

Jörn hat sich schon ewig darauf gefreut, hat der doch einen Narren gefressen an den seltsamen Auswüchsen sozialistischer Erinnerungskultur: Das Buzludzha-Monument (oder: Busludscha), auch bekannt als das bulgarische UFO. Auf den Betrachter wirkt es schon von weitem mindestens skurill, wenn nicht befremdlich und fast schon dystopisch. Ein Bauwerk wie eine Fata-Morgana, so weit oben auf dem Gipfel des Balkan-Berges Chadschi Dimitar auf etwa 1400m. Eine Untertasse in der Schule des Brutalismus, die verfällt und immer mehr zur Ruine wird, mitten in der Natur. Wie seltsam für uns, die meist nur Gipfelkreuze und Skilifte auf den Gipfeln in der Heimat kennen.

Annäherung an einen unwirklichen Ort

Buzludzha „Prunktreppe“

Buzludzha – Vor dem verschlossenen Eingang

So sah es 1981 bei der Fertigstellung im Inneren aus

Das Denkmal wurde zu Ehren der sozialistischen Bewegung Bulgariens gebaut und ist das größte ideologisch motivierte Denkmal des Landes. Angeblich konnte man den rot erlechteten Stern aus Rubinglas im Turm  von der Donau bis zu den Rhodopen sehen – der Berg ist ziemlich genau in der Mitte des Landes. Der Bau des Monstrums hat damals ein Vermögen gekostet. Das Geld hätte man meiner Meinung nach, bestimmt auch besser anlegen können. Zu diesem Stück sozialistischer Architektur gibt es inzwischen ganze Foren in Internet. Nicht zuletzt deshalb, weil das Gebäude seit 1989 vor sich hin rottet und in einen immer schlechteren Zustand verfällt.

Buzludzha – Überall Grafitti

Im Herzen des Ufo – Zerstörung und sterbende Mosaike

Im Herzen des Ufo – Zerstörung und sterbende Mosaike

Die Helden der Revolution – der Ort ist so schräg, dass man nur noch staunt

Links war Todor Shivkov, der wurde noch nach der Wende entfernt

Mit dem System zerfielen auch seine Ruhmessymbole….Der Eintritt ist eigentlich wegen drohender Einsturzgefahr verboten. Jörn musste natürlich trotzdem reinklettern und Fotos machen. Aber genau dieser Umstand verlieht diesem Ort eine Aura des Verbotenen und macht es dadurch für viele noch attraktiver. Wer mutig ist und das Risiko liebt, wird weiterhin versuchen reinzukommen, um das, was vom Reichtum der Innenausstattung übrig blieb, zu bestaunen: Marmorböden, aufwendige Mosaiken und sozialistischen Schnickschnack. Irgendjemand mauert bzw. betoniert die Zugänge immer wieder zu. Aber wer rein will, findet immer einen Weg. An diesem Ort jedenfalls haben wir bisher die meisten ausländischen Touristen getroffen.

Proletarier aller Länder vereinigt Euch ! Der Dom der Untertasse

Weniger ausländische Touristen hingegen trafen wir in Zlatograd – einer kleinen Stadt an der Grenze zur Griechenland. Nun, diese Stadt, die auch ein paar schmucke Wiedergeburts-Häuser aufweist, muss man eigentlich nicht gesehen haben. Die Landschaft drumherum, die Rhodopen, ist allerdings wunderschön. Irgendwie gar nicht mehr europäisch… Hinzu kommt, dass in dieser Gegend viele Türken wohnen. Ein ganz anderes Stück Bulgarien eben. Für uns zwei letzte Tage in friedlicher bulgarischer Natur, mit leckerem Essen zu unschlagbaren Preisen

Zlatograd in den Rhodopen, umgeben von toller Natur

Was Bulgarien sonst noch als Reiseland ausmacht? Das Land ist noch relativ günstig zu bereisen – zumindest für Touristen aus Deutschland. Übernachtungen, Restaurantbesuche sind preiswert. Die Supermarktpreise und die sonstigen Lebenshaltungskosten sind allerdings so hoch wie bei uns. Immer wieder haben wir uns gefragt, wie die Einheimischen das Leben meistern, mit ihren Durschnittseinkommen von 400 Euro im Monat. Eine Antwort haben wir nicht gefunden…Das der Alltag aber eben nicht so rosig ist, haben uns die vielen verlassenen Dörfer gezeigt: Hunderttausende von Bulgaren haben ihre Heimat verlassen, um in den westlichen EU-Ländern besser bezahlte Arbeit zu finden. Eine Bulgare sagte, dass dies die eigentliche Tragödie des Landes ist: Die Flucht und das Streben ganzer Dörfer und halber Städte. Manchmal hinterlässt diese Entwicklung einen herben Beigeschmack auf unserer Reise durch dieses Land. Ebenso sind die sonst auch sehr freundlichen Bulgaren ausgerechnet im Tourismusgeschäft zum Teil kühl, manchmal auch einfach schlicht unfreundlich. Bei Menschen, die einen Großteil ihres Lebens in der Dienstleistungswüste des Sozialismus (oder dem, was er hier sein sollte) verbracht haben, könen wir das ja noch verstehen. Aber müssen diese Menschen dann an der Rezeption eines Hotels sitzen? Noch einmal – Bulgarien hätte viel, sehr viel Potential, aber was daraus gemacht wird, ist leider teilwiese völlig unzureichend oder auch völlig planlos. Die Leute scheinen dies zu spüren – latente Resignation ist immer wieder wahrnehmbar…

Grotesk: Fast zeitgleich, als wir das mit der Bevölkrungsabnahme mitbekommen, erfahren wir auch, dass immer mehr deutsche Senioren, die von ihrer Rente in Deutschland mehr schlecht als recht überleben, neuerdings in Bulgarien ihren Lebensabend verbringen. Ist nicht ganz so weit wie Thailand und der Kulturkreis nicht ganz so fremd… Nun ja, die einen gehen, die anderen kommen – mal schauen, wie sich das weiter entwickelt.

 

Stufe 8 2771-3092Km Bulgarien: Durankulak und Kranewo

So, heute sind wir einen Monat unterwegs. Ich hatte bisher noch keine Sekunde Heimweh oder viele Gedanken an die Heimat an sich, außer an meine großen Kinder daheim. Das ist sicher ein sehr gutes Zeichen auf einer langen Reise. Leo ist jetzt richtig im Reisen angekommen. Es ist also tatsächlich so, dass kleine Kinder da ganz unglaublich anpassungsfähig sind. In den ersten zwei Wochen hat er bei Ortswechseln, besonders beim Einschlafen, noch skeptisch die neue Umgebung gemustert und war offensichtlich ein bisschen nervös.

Wohliger Mittagsschlaf in den Karpaten

Mittlerweile schläft er ganz einfach überall ein. Besonders gut schläft er natürlich in unserem Camper Gurkensalat. Aber auch gestern am Strand hat er zwei Stunden bei heftigstem Wind und diversen Hintergrundgeräuschen (Kindergeschrei, laute Musik, Wellen) bestens windgeschützt auf seiner Decke im Sand geschlafen. Der Gedanke, dass wir dem Kind etwas „antun“, ist komplett gewichen. Im Gegenteil. Er entwickelt sich ganz toll, brabbbelt viel, fängt langsam an zu robben und flirtet mit jeder Frau in der Umgebung, seien es bulgarische Putzfrauen oder hübsche Russinnen in Restaurants.

Die vier Wochen sind nicht wie im Fluge vergangen, sie waren einfach so lange wie sie sind. Ich denke, auch das ist ein gutes Zeichen. Ebenso weiß ich nie, welcher Wochentag eigentlich ist, das ist eindeutig großartig! Finanziell sieht es auch ganz gut aus. Wir liegen im Budget, obwohl wir doch deutlich weniger (wild) campen als ursprünglich geplant. Aber bisher waren die Unterkünfte – bis auf das Limanul Resort im Donaudelta – immer günstig und fast immer auch gut. Dass wir deutlich weniger campen ist auch der Tatsache geschuldet, dass wir jetzt doch nach reiflicher Überlegung unsere Reiseroute angepasst haben.

Denn heute würden wir nach ursprünglicher Planung auf dem Schwarzen Meer sein und in Richtung Georgien schippern. Warum nicht? Die Reise bisher hat ganz klar gezeigt, dass zwei Stunden vormittags im Auto und zwei am Nachmittag mit Leo eigentlich die Maximaldosis sind. Wird es länger, wird es schwierig mit ihm. Er ist dann konstant am nölen und hat überhaupt keine Freude am Fahren – wir dann auch nicht. Die Route zurück aus dem Kaukasus durch die Türkei hätte uns in diesem Reisemodus mindestens eine Woche gekostet. Das wäre kein Thema gewesen, hätten wir in der Türkei einfach gemütlich reisen und erkunden wollen. Wollten wir aber nicht. Wir wollten nur husch durch (die politische Lage). Also wurde der Kaukasus geopfert. Das ist wirklich sehr, sehr schade und wird nachgeholt! Im Kaukasus wollten wir eigentlich nur frei stehen und viel Geld sparen. Auf unserer aktuellen Route ist dies nur bedingt möglich aufgrund höherer Bevölkerungsdichte und mangelnder Optionen.

Zu gerne wäre ich wenigstens noch nach Odessa gefahren, doch mit insgesamt vier Grenzübergängen und 400 Kilometer Strecke auf der desolaten M15 in der Ukraine – einer der schlimmsten Strassen Europas, hätte uns der kurze Ausflug vier Tage im Auto gekostet. Leider auch gestrichen. So war Chilia Veche voraussichtlich der östlichste Punkt auf unserer Reise – immerhin östlicher als Konstantinopel.

On the road again..

So sind wir jetzt in Bulgarien, auch ein vielfältiges und widersprüchliches Land, wie die meisten post-sozialistischen Staaten. Der kleine Campingplatz am Traumstrand im Dorf Durakulak direkt hinter der Grenze ist symptomatisch. Der Traumstrand ist ca. 8 Kilometer lang, sogar gepflegt. Es ist ein wunderschöner Naturstrand mit wirklich sauberem Wasser und nur wenigen Badegästen. Im Hintergrund das Biosphärenreservat des Durankulak-Sees, das ist schon eine tolle Landschaft.

Osmanischer Leuchtturm am Kap Schabla

Durankulak Strand – herrlich unverbaut.

Stillleben mit Space Age Chair am Strand, passend zum Namen des Camping „Kosmos“

Das Ganze ist die Dobrudscha, eine Stepppenlandschaft, die im Sommer sehr heiß und trocken, im Winter sehr kalt und von Stürmen gepeitscht ist.

Pferd am Campingplatz in Durankulak – typische Dobrudscha Landschaft. Jemand Lust auf Basketball?

Auch der Campingplatz selber ist wirklich nicht übel. Unter Schatten spendenden Silberpappeln befinden sich schöne Stellplätze und die alten Holzhütten des ehemaligen tschechoslowakischen Ferienwerkes passen da gut hinein. Aber die Betreiber haben offenbar auf gar nichts Bock, außer Geld aus der alten, modernden Infrastruktur zu ziehen. Und so gammelt das toll gelegene Restaurant ebenso vor sich hin, wie die desolaten Toiletten und Duschen.

Sieht irgendwie herbstlich aus. Da hatten wir auch unseren bisher einzigen bewölkten Tag. Camping „Kosmos“

Lange vergangene Zeiten lassen grüssen – sollte man meinen… Die heutige Infrastruktur auf dem Camping Kosmos ist nicht viel besser.

Das war sogar vor dreißig Jahren besser – die ehemaligen Rudelduschen im Camping „Kosmos“.

Das Benützen dieser ist mehr als grenzwertig. Wirklich schade, denn das Ganze hat so viel Potential und der Strand kann wegen des Naturschutzgebietes auch nicht zugebaut werden.

Nach zwei Tagen zogen wir weiter und sind jetzt in Kranevo, wo wir mal ein einfaches Ferienhotel testen. Auch sehr vielseitig…sauber, ordentlich, einfach, toller Blick, ordentliches Frühstück – wir unter fast ausschließlich osteuropäischen Familien, lustig! ABER, das Personal ist wirklich der Hammer. Die Dame am Empfang schaute uns beim Reinkommen an, als hätten wir Mayonnaise im Gesicht. Und daran hat sich bis heute nichts geändert, nur die Putzfrauen sind herzig. Ich verstehe das überhaupt nicht. Wie kann man am Empfang nur besch…Personal einsetzen? Das zieht die ganze, sonst sehr, sehr ordentliche Vorstellung des Hotels komplett durch den Kakao.

Endlich mal – klassisches Entspannen am Strand.

Kranevo Strand

Lange Strandspaziergänge runden die Faulenzerei ab

Der Strand von Kranevo ist super, sauber und eine gute Infrastruktur ist vorhanden. Schöne Spaziergänge bis Albena, dem früheren Vorzeigebadeort des sozialistischen Bulgarien, sind möglich und führen über einen wilden FKK Strand. Kranewo – das kann man machen!

Leo hat sich zur Wasserratte entwickelt – aber die hohen Wellen an diesem Tag sind dann doch zu hoch und die Geräuschkulisse zu bedrohlich. Aus sicherer Entfernung übt sich jedoch früh, wer später mal ein Beachboy werden will.

Das Schönste – Babyglück am Strand

Stufe 7 2582-2771Km Chilia Veche, Donaudelta, Vadu

Es war sehr heiß die letzten Tage. 35 – 40 Grad. Wir meckern aber nicht. Wenn wir es kühler gewollt hätten, hätte uns die Reise nach Norden geführt. Außerdem bieten Shopping Malls eine gute Abkühlug in den Mittagsstunden – hier kann man auch viel über Land und Leute erfahren. Und immer wieder Jörn neue Flipflops kaufen – aber dazu gleich mehr.

Ärgernis Nummer 1: Der Kühlschrank im Ford Transit spinnt ein wenig. Ärgerlich, aber irgendwie wird es schon gehen.

Ärgernis Nummer 2: Die Liste der verlorenen Dinge wird länger. Bisher ist erstens, Leos kleiner Kuschelfisch in Lviv zurück geblieben (liebe Claudia, wenn Du das hier liest: Es tut mir leid, dass ich nicht besser auf ihn aufgepasst hab…) Wir hoffen, dass inzwischen ein ukrainisches Kind darauf rumkaut. Zweitens: Jörns neue Flipflops sind irgendwo im rumänischen Bacau aus dem Auto rausgefallen. Drittens: Die neuen Flipflops, die wir für Jörn gleich nach dem Verlust neu gekauft haben, sind irgenwo zwischen Tulcea und Vadu nochmal aus dem Auto gefallen. Für diejenigen, die Jörn kennen, sei gleich gesagt: Er macht das wirklich gut – wenn Dinge weg sindWinking smile Wenn man natürlich alle paar Tage die Unterkunft wechselt, ist das Risiko einfach sehr hoch, Dinge zu verlieren; Ladekabel, Gedlbeutel oder Pässe liegen zu lassen. Aber im Großen und Ganzen passen wir auf alles sehr gut auf. Mal schauen, wie sich die Liste der verlorenen Dinge so entwickelt …

Ärgernis Nummer 3: Der Sauberkeitszustand des Gurkenasalats (inzwischen allerdings wieder auf Vordermann gebracht). Da wir im Donaudelta auf Sand- und Staubpisten unterwegs waren (manch einen Weg musste Jörn erst mit der Axt frei räumen), hat sich in jeder Ritze des Autos Staub angesammelt. Ach was, eine halbe Staub-Wüste. Es hat uns einen halben Tag gekostet, wieder alles sauber zu machen – vom Geschirrkasten über die Windelvorräte bis hin zu allen Töpfen und unserer kleinen Reisebibliothek.

Freiaxten des Weges nach Chilia Veche

So langsam sind wir drin – im Reisen. Ein paar Nächte in unserem Ford Transit “Gurkensalat” mit etwas weniger Komfort wechseln sich ab mit Nächten in mal einfacheren, mal schickeren Unterkünften. Eine der besten Unterkünfte auf unserer Reise hatten wir im Donaudelta – das Limanul Resort. Es war einfach so traumhaft dort, dass es einen eigenen Beitrag dazu geben müsste, um das zu beschreiben. Aber als kurze Zusammenfassung muss das Folgende genügen: Der Begriff Resort ist ein wenig irreführend, denn letzten Endes betreibt Anca – so heißt die Besitzerin – 12 sehr komfortable Zimmer. Die Anlage ist im regionspezifischen Stil gebaut: Schilfdach, weiß-blaue Gebäude, ein hübscher Garten, das Licht fällt zu den unterschiedlichen Tageszeiten auf eine ganz besondere Art und Weise in die Anlage. Alles fügt sich perfekt in das Dorf Chilia Veche, am nördlichen Donauarm Chilia / Kylia und in die dortige Landschaft ein. Das ganze Ensemble  ist mit sehr viel Liebe (auch zum Detail) eingerichtet worden – angefangen von Lichterkette und Blumenkästen am Spielhaus für Kinder über frische Wiesen- und Gartenblumen auf den Tischen bis hin zu einer alten Schatztruhe, die die Handtücher für den Pool bereit hält.

Chilia Veche und das Limanul Resort – unsere Heimat für wunerbare fünf Tage

Da freut sich einer über ein echtes Bett 🙂

Gekocht wird für alle Gäste mehr oder weniger das Gleiche: Immer Fisch von den Fischern im Dorf, der fangfrisch zubereitet wird. Wer will, bekommt Fleisch. Alles wird genauso gekocht und zubereitet, wie auch in den Küchen des restlichen Dorfes – einfach, und typisch für die Region. Nicht zuletzt besticht die Anlage aber durch die Menschen, die sie betreiben und dort arbeiten. Anca und ihr Team sind herzlich, nett und obwohl die Verständigung nicht mit allen einfach war, haben wir uns immer mit dem Herzen gegenseitig verstanden. Anlagen von diesem Format gibt es (noch) nicht viele in Rumänien. Wer Infrastruktur drumrum erwartet, der wird im Limanul enttäuscht sein. Schon allein die Staubpiste dorthin, ist abenteuerlich und alles andere als angenehm zu fahren – den Staub hat man nach zwei Stunden Fahrt überall: am Körper, im Auto, im Gepäck.  Abgesehen davon fährt man sich hier gerne einen Platten. Wir haben auf den 60 Kilometern vier Fahrer ihren platten Reifen wechseln gesehen. Wer es also gemütlicher mag, nimmt lieber das Boot nach Chilia Veche.

 

Limanul Resort bei Nacht

Die Anlage befindet sich mitten im Dorf – man bekommt mit, wie hart das Leben in diesem nördlichsten Teil des Donaudeltas ist, wohin sich noch nicht so viele Touristen verirren, wie in die anderen Ecken des Deltas und wo auf der anderen Donauseite, die Ukraine beginnt.

Dorfkirche in Chilia

Es ist verrückt: Wenn die Menschen aus Chilia Veche zum Beispiel zu ihren Familien ins ukrainische Kilia auf der anderen Flussseite wollen, können sie nicht einfach den Grenzfluss überqueren. Obwohl sie in Sichtweite leben, muss jeder, der auf die andere Seite will, ca. vier Stunden erst einmal nach Westen bis nach Galati fahren, dort die rumänisch-ukrainische Grenze offiziell (falls man im Bestz eines Visums ist, dies brauchen die Rumänen nämlich) überqueren und dann wieder den ganzen Weg am anderen Flussufer nach Osten zurück legen, um dann auf der gegenüber liegenden Flussseite seine Verwandetn zu besuchen. Es lebe die EU – das muss ich einmal mehr wiederholen!

Grenzpolizei auf dem Fluss. Drüben die Ukraine. Die Grenzer nehmen ihren Job sehr ernst, da hat niemand auch nur eine Minute im Liegestuhl gepennt.

Im Donaudelta haben wir die Zeit einfach genossen und viel relaxt. Natürlich waren wir auch draussen mit dem Boot im Biosphärenreservat, wo wir unter anderem Pelikane gesehen haben. Es war einfach herrlich, sie zu beobachten – die Jumbojets unter den Vögeln. Als Ehefrau eines gelernten Piloten sei mir dieses Wortspiel erlaubt. Jeder Pelikan ist eine Majestät für sich… Ach ja, und Schildkröten haben wir auch gesehen. Ich muss zugeben, ich wusste gar nicht, dass es in Europa welche gibt. Unser Skipper erzählte uns auch, wie die Fischer im Delta leben. Die Infos kamen aus erster Hand, denn der Skipper war in jungen Jahren selbst Fischer im Delta. Diese Ortskenntnis braucht man, wenn man im Delta unterwegs sein will – die Kanäle, Seen und Flüsse blden ein dichtes Labirynth aus dem ich ohne GPS nie herausfinden würde. Leo fand das Bootfahren auch toll, er quiekte vor Freude und beoachtete die Natur außenrum.

Pelikane !

Pelikan Take-off

Vögel ohne Ende…

Kormorane, selten so romantisch gesehen

Einfache Fischerhütten im Delta. Die Männer leben dort richtig dauerhaft

Wir blieben im Delta länger als geplant, weil es uns so gut gefallen hat. Das Privileg von Lagzeitreisenden. Im Limanul Ressort haben wir von einem anderen Gast einen Tipp für unsere nächste Übernachtung bekommen: ein wilder Strand in der Nähe von Vadu. An dieser Stelle will ich es kurz machen: Der Strand wunderschön, aber kein Geheimtipp mehr. Wir standen mit zig anderen Campern da, ohne sanitäre Anlagen, ohne jegliche Infrasruktur. Ist auch nicht verwunderlich: Es gibt fast 20 Millionen Rumänen und nur wenige Hunderte Kilometer Strand. Die meisten Hotels und Unterkünfte am Strand sind daher total überteuert. Im Badeort Mamaia muss man zum Beispiel Eintritt zahlen. Andere Badeorte, die noch aus der sozialistischen Retorte kommen und Venus, Neptun oder Saturn heißen, sind auch nicht besonders romantisch. Es liegt also auf der Hand, dass ein kostenloser wilder Strand campingwillige Menschen in Scharen anlockt.

Adenstimmung in Vadu – wilder Campingstrand

Abend in Vadu

Harte, nein sehr harte Arbeit. Die Ausbeute leider lächerlich

Es war aber dennoch wunderschön, zehn Meter vom Meer zu übernachten, mit den Wellengeräuschen einzuschlafen und aufzuwachen. Am nächsten Morgen gab es zuerst Ärger mit den Fischern (weil viele Zelte und auch wir im Weg standen, denn sie zogen die Boote mit einem Jeep rein und raus und brauchten entsprechend Rangierfläche), dann auch mit dem Naturparkranger, der gleich die Gandarmenrie als Verstärkung mitgebracht hat. Denn eigentlich darf man im Naturreservat nicht campen. Hm, da hätten wir auch selbst auf die Idee kommen können, aber wenn da so viele andere sind, dann… Der Ranger war sehr freundlich und korrekt. Wir räumten auch ganz schnell das Feld. Und brachen auf in Richtung Bulgarien.

Stufe 6 1763-2582Km Rumänien, Sucevita, Ceahlau Gebirge, Donaudelta Teil 1

 

Früh brachen wir zur ukrainisch-rumänischen Grenze auf:  – . Die nützlichen Auskunftsseiten des Finanzministeriums der Ukraine und des rumänischen Zolls sagten beide voraus, dass dies die einzige Grenze zwischen beiden Ländern sein sollte, an welcher mit längeren Wartezeiten zu rechnen sei. Zudem sollte es bis zu 37 Grad warm werden – genug Gründe also, möglichst früh da zu sein. Die Abfertigung auf der ukrainischen Seite ging wie gewohnt strukturiert und einigermaßen schnell vonstatten. Die Rumänen jedoch bewachen ja eine EU-Aussengrenze – da muss man gründlich sein. Nach ca. zehn Minuten entdeckte ein freundlicher Ukrainer durch die offene Seitentür Leo schlafend auf dem Rücksitz. Er meinte, angesichts der Hitze, sollten wir uns mit dem Baby nicht in die Schlange stellen und warten, sondern eine andere Sonderspur nutzen. Er zeigte uns den richtgen Ansprechparter ganz vorn am Grenzerhäuschen. Siehe da, ruck zuck, uhren einige Autos zur Seite, wir durften nach ganz vorn zu unserem exklusiven Abfertigungshäuschen vorfahren. So waren wir in einer knappen Stunde durch beide Kontrollen durch – und in Rumänien.

TIPP: Fragen kostet nichts. Wenn man mit kleinen Kindern an der Grenze wartet, wird man offenbar sehr gerne vorgelassen, wenn man sich nur entsprechend artikuliert.

Erstes Ziel in Rumänien war eines der berühmten Moldauklöster: Sucevita (sprich Sutcheviza). Auch dieses gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und nein, wir sind nicht auf Promo-Tour für die UNESCO. Die Aneinaderreihung von Weltkulturerbestätten ist reiner Zufall! Die von einer Festung umgebene Kirche ist wirklich extrem beeindruckend. Die Fürsten in der Bukowina liessen diese außen mit Fresken bemalen, welche Bibelstellen und historische Meilensteine zeigen. Wie eine Art Comic sollte dies dem einfachen, des Lesens nicht mächtigen Volk die Bibel und bestimmte Geschehnisse näher brigen. Ich persönlich muss zugeben, keine einzige Bibelstelle erkannt zu haben, ausser der Kreuzigung natürlich. Auch innen ist diese orthodoxe Kirche wirklich umwerfend. Sofort ist man gefesselt von der Stimmung und der Bildgewalt der ziemlich blutrünstigen Fresken. Die Gläubigen sind indes eifrig damit beschäftigt uralte Ikonen hinter Glas zu küssen. Kloster Sucevita hat sich sehr gelohnt!

Sucevita Klosterkirche mit Wehranlage

Fresken aussen an Kirchen gibt es so nur hier. Und wer mit zu kurzen Hosen  kommt, der bekommt einen Umhang.

Tolle Fresken – Inschriften auf Kyrillisch

Weiter geht es mitten hinein in die Nordostkarpaten. Ich liebe diese ursprüngliche Landschaft mit ihren pittoresken Dörfern, den Wiesen und Almen. Das Heumanderl ist hier noch überall zu sehen. Ich bin mal wieder naiv genug, um mich zu fragen, warum die Menschen von hier abhauen, um in Leverkusen als Servicekraft an einer Tankstelle zu arbeiten – und diskutiere diese Frage natürlich ausgiebig mit Aga, die die Leute wiederum gut versteht.

 

Klassische Karpartenlandschaft

 

Eigentlich wollen wir noch einen Campingplatz im Ceahlau Gebirge erreichen, doch hinter Campulung Molovenesc schickt mich das Navi auf eine längst gesperrte, alte Forststrasse durch das Rarau Gebirge. Ein Betomischerfahrer hält uns mitten im Wald auf und meint, wir sollten doch besser im Kloster weiter oebn am Berg, aber gleich in der Nähe einkehren und um Bett und Brot ersuchen. Am Kloster angekommen, erscheinen uns die orthodoxen Mönche doch irgendwie unheimlich und ich überrede Aga, es mit der Forststrasse zu versuchen. Diverse Schilder wollen uns vom Gegenteil überzeugen – pa,h wäre doch gelacht, wenn ich nicht als alter Offroader…Ok, auf knapp 1700 Meter Höhe signalisiert mir die Temparaturanzeige des Autos, dass Gurkensalat so nicht mehr weiterfahren will und kann. Klar, der Wagen ist voll bepackt und die Strasse ist eine von Schlaglöchern durchfurchte Steigung, die ich teils im ersten Gang zu erklimmen versuche. Null Kühlung, mangels Fahrtwind. Wir bleiben stehen, machen den Motor aus. Ich stelle fest, dass der Wagen total überhitzt ist und der Kühler kocht. Ein paar bange Minten fürchte ich um den Zylinderkopf mitten in der Pampa. Und dann sind plötzlich Agnes und Leo verschwunden. Ich laufe die Waldstrasse hinauf und sehe sie nirgends. In meinen Kopf läuft ein Krimi ab: Orthodoxe Mönche führen hier ein Gruselkloster in dem sie kleinen Babies und blonde Frauen gefangen halten und….Hatten wir nicht erst mitten im Wald einen einsamen Mönch getroffen?!

Gurkensalat am Limit auf 1700 Metern in den Karparten

Um es kurz zu machen, eine gute Stunde später biegen wir (also mit Aga und Leo, die einen Erkundungsgang gemacht hatten), nach nur ca. 200 weiteren Höhenmetern und mit frischem Kühlwasser, endlich auf eine normale Strasse ein. Das mit dem Ceahlau wird dann heute nichts mehr, also schlafen wir sehr gut im Tal der Bistrita.

Gegen Mittag kommen wir am nächsten Tag im Ceahlau Gebirge an. Dieser Ort wird von Mythen und Erzählungen umrankt, ist der zweitwichtigste Gebirgstsock der Orthodoxen nach dem Olymp und sieht einfach einladend aus.

Karpatenglühen -Ceahlau im Abendlicht

Wir sind schnell allbekannt auf dem kleinen, privaten Campingplatz, der angenehm wenig mit einem mitteleuropäischen zu tun hat. Sehr enstpannt geht es zu, jeder unterhält sich hier mit jedem und die Leute kommen nach und nach zu uns, um Leo zu „besichtigen“. Eine Oma hat sich besonders in ihn verliebt und lässt uns gar nicht mehr in Ruhe 🙂 Wirklich nett sind die Leute hier, wollen uns Schnaps bringen, versorgen uns mit Essen und Informationen über die Berge (soweit wir die verstehen). Wir bleiben für zwei schöne Nächte – und sind unter den ausschließlich rumänischen Campern, von einem italienischen Motorradfahrer abgesehen, die einzigen Gäste aus dem Ausland.

Camping a la Romania. Sehr beliebt auch bei rumänischen Rentnern.

Die kleine Wäschewanne ist super. Leo badet jetzt jeden Tag wie ein Großer

Eine wirklich schöne Bergwanderung rundet diese Tage ab, bevor wir uns aufmachen ins Donaudelta.

Wandern im Ceahlau (sprich Schachlau)

Unten in der Ebene der Moldau wird es dann wirklich brütend heiss. 41 Grad zeigt ein Thermometer unterwegs an. Zum Glück ist es eine trockene Hitze. In Tecuci, einem wirklich skurillen Ort kurz vor der Donaustadt Galati, übernachten wir in einem ordentlichen Hotel. Jedoch wird dort Hochzeit gefeiert, wie überall sonst auch gerade in Europa. Und so versuchen wir, so gut es geht, uns mit der schrägen Musik unter unserem Zimmer zu arrangieren. Ein Mix aus Bukowina Brass Sound und orientalischen Klängen weckt uns immer wieder auf bzw. hält uns bis um 4:30 Uhr wach – die Stimmung kocht unter uns offenbar über. Gut geschlafen haben wir irgendwie trotzdem.

In Galati wird uns, so wie schon bei der Durchfahrt durch die regionalen Zentren Bacau und Piata Neamt, massiv bewusst, wie rücksichtlos der Diktator Ceacescu seine Städte umgebaut hat, um sie „effizient“ und im Sinne des Kollektivs zu gestalten. Für mich hat das auch nichts mit Soziallismus zu tun, so war Nordkorea das Vorbild für den Irren aus Bukarest und seinen Umbau der Gesellschaft. Das Resulat sind richtig deprimierende Städte, ohne jegliches Gesicht, bedrückend und wenig einladend, mit Industriebrachen drum herum. Es ist einfach extrem häßlich und die Leute die dort leben, tun uns leid. Gottseidank hat er die schönen Städte Siebenbürgens verschont – aber die sehen wir uns auf dieser Reise nicht mehr an…. In Galati überqueren wir die Donau und dringen lagsam in das Delta vor, wo wir vor der langen Fahrt nach Chilia Veche, noch einmal übernachten. Die Landschaft ist erstaunlich abwechslungsreich. Felder, Hügel, Flachland, Magerwiesen mit Eichenbestand. Die Ukraine grüßt auf der anderen Seite und doch –  die Grenze ist hermetisch, es gibt keinen Übergang im gesamten Delta.

Herrliche Wiesen mit Eichen

Landschaft auf dem Weg ins Donaudelta

Hier nisten die Störche noch wo sie wollen, wenn auch unter Lebensgefahr

Die Szenen im Dorf sind auch sehr skurril.

Die Dorfjugend zeigt uns wie man richtig badet

So sieht Urlaub für viele Rumänen aus. Leider sehr vermüllter Strand am Sulina Arm der Donau. Das Wasser war gar nicht mal so übel.

Die Fahrt nach Chilia Veche ist dann ein echtes Abenteuer. Ca. 70 Kilometer auf einer Piste, die zum Teil auf einem Deich verläuft. Wild romatisch wird es langsam, die Flora ist beeindruckend vielfältig. Ich muss dann sogar den Weg freiaxten, da für Gurkensalat kein Durchkommen mehr ist. Unser kleines „Limanul Resort“ ist ein Traum, der erste echte Luxus auf unserer Reise. Die Besitzerin Anca hat die Häuser mit natürlichen Materialien aus dem Delta nach traditioneller Art bauen lassen. Sie sind liebevoll ausgestattet und die Küche verwöhnt mit Fisch aus der Donau und den Obst und Gemüse aus umliegeden Gärten. Ich bin total begeistert. Morgens kräht der Hahn, halbwilde Pferde baden in der Donau. Die Zeit steht still….Am allerbesten: Leo liebt den Pool und das Baden!

Chilia Veche – unsere Heimat für die nächsten vier Tage

Wo sind die Schafe?

Halbwilde Pferde beim Baden im Chilia Arm der Donau

Aga – am Ende der Welt?

Stufe 5 1467-1763Km Ivano-Frankivsk, Cernivtsi (Tschernowitz)

Zuerst mal noch ein kleiner Nachrag zu Lemberg.

Abschliessend hat uns Lemberg wirklich richtig gut gefallen. Diese Stadt sollte man gesehen haben – wir können sie hundertprozentig als Ziel für eine Städetreise empfehlen. Und diesen Eindruck hatten wir nicht allein. Wenn wir mit anderen (noch recht wenigen) Touristen ins Gespräch kamen, so waren auch sie sich alle einig: Diese Stadt ist etwas ganz besonderes, ihre Amosphäre sehr einzigartig. Man muss nicht einmal einen großen Besichtigungsplan machen. Sich einfach durch die Strassen und Gassen der komplett erhaltenen Altstadt treiben zu lassen, kann einen für Stunden beschäftigen und glücklich machen. Besonders lieben gelernt haben wir zum Schluss noch die kleine lokale Kette „Lviv Croissant“. Diese bietet etwas feil, was es in Westeuropa in dieser Art (wahrscheinlich) nicht gibt: Neben dem guten und frischen Kaffe gibt es eine tolle Auswahl an Croissants, deftig belegt oder mit Obst und Creme gefüllt – einfach köstlich!

Lviv Croissants mit Blau- und Himbeere -mmmhhh

Für die Fahrt nach Tschernowitz hatten wir uns vorgenomen, erst mal den Zustand der Strassen zu checken und dann zu entscheiden, wie weit wir dann tatsächlich fahren. Selbst die Einheimischen rieten uns nachdrücklich davon ab, Nebenstrecken zu benutzen. Überraschenderweise waren die Hauptstrassen doch mindestens ok, oft sogar gut bis sehr gut. Zudem sind die Ukrainer ein entspanntes Völckchen, was die Teilnahme am Strassenverkehr anbetrifft. Kein Drängeln, kein Überholen in schwierigen Situationen oder Schneiden (da steht uns in Rumänien ein anderer Fahrstil bevor). So zog die hügelige, teils liebliche Landschaft vorbei und flugs waren die 2 Studen bis Ivano-Frankivsk vergangen. Die Pause in dieser Stadt hat uns gezeigt, wie vielfältig dieses Land ist.

Unterwegs nach Süden: Oldschool -rauchende Schlote wie bei uns in den 60ern

Eine völlig andere Atmosphäre als in Lviv empfing uns in dieser Stadt, die nach einem der wichtigsten ukrainischen Literaten benannt wurde. Wir fühlten uns eher ein bisschen wie in einer russischen Povinzstadt. Die Stadt war nicht unfreundlich, nicht wirklich häßlich, aber sie war auch nichts, was zu einem längerem Aufenthalt einlädt. Lediglich das Rathaus ist sehenswert, eine Besonderheit im Art-Deco-Stil, wo sich auch die Touristen-Info befindet. Als wir dort fragen, wo es Toiletten gibt, scheint selbst die freundliche Dame dort überrascht, dass es tatsächlich Touristen aus dem Ausland in ihre Stadt verschlagen hat. Nach einem Kaffe geht es weiter – denn alle sind fit und wir wollen dann doch noch in das vielversprechende Tschernowitz.

Ein paar schöne Häuser in Ivano-Frankovsk gibt es durchaus.

Art-Deco, das Rathaus von Ivano-Frankovsk. Mir hat es das angetan…

Wir fahren weiter. Die Landschaft wird ein bisschen trockener, die Dörfer irgendwie wohlhabender, fast schön und lieblich zum Teil. Wir wissen, die Ukraine ist arm, aber was ist hier der Maßstab? Die meisten Menschen in dieser Gegend düften definitv nicht Not leiden. Die Gärten sind bunt, die Felder üppig und bestellt. Überall sind farbenfroh gekleidete, lachende Kinder zu sehen. Es ist eine schöne Fahrt am nördlichen Rande der Karpaten entlang, die im Dunst zu sehen sind.

Gegen späten Nachmittag kommen wir in Tschernowitz an – diese Stadt hat(te) viele Namen: Czernowitz, Tscherniwzi, Tschernowauți, Czerniowce. Alle diese Namen sind bis heute allgegenwärtig – als Inschriften im Kopfsteinpflaster der Fußgängerzone. Jeder Schritt erinnert hier an eine Stadt, die einmal mehr in der Ukraine, so vielen verschiedenen Ethnien bis zum 2. Weltkrieg eine Heimat gab. Wir machen hier wieder eine ganz andere Atmosphäre aus als in Lviv und auch eine ganz andere als in Ivano-Frankivsk. Fast südländisch, was sicher auch mit der Hitze zu tun hat. Die Menschen sind deutlich dunkler, die Frauen zeigen ihre Schönheit und flanieren auf der Hauptstrasse, die einst Herrengasse hieß und heute nach einer ukranischen Schriftstellerin benannt ist, die  Kobylyans’koi Strasse – alles wirkt ein bisschen wie im Urlaub in Italien. Besonders angenhem: Wir übernachten im Hotel Magnat Spa an dieser schönen Flaniermeile und sind mittendrin im Geschehen.

Willkommen in Tschernowitz

In der Fussgängerzone – Tschernowitz

k.u.k wohin man blickt

Ein seltener Fall, Sozialismus neben Jahrhunderwende Architektur

Der Rundgang am nächsten Tag zeigt: Auch diese Stadt ist wunderschön, kaum von Zerstörungen durch Kriege oder sozialistische Bauwut beeinträchtigt. Auch hier lebten diverse Völkerschaften friedlich nebeneinander bis der 2. Weltkrieg kam und Juden, Rumänen, Österreicher, Deutsche, Polen, Russen und Ukrainer gegen- und auseinandertrieb. Das Schicksal der mehrheitlich jüdischen Bevölkerung ist hier in der Bukowina kein anderes als in anderen Teilen der deustchen Besatzungsbeiete. Heute gibt es kein jüdisches Leben mehr….

Hier sind sogar die Pennner cool ! Zwei Originale halten einen Plausch bei Bier am Morgen.

Sehr sehenswert ist der ehemalige Sitz des Metropoliten der Bukowina, heute die Universität von Tschernowitz. Ein sehr schöner Klinkerbau (UNESCO Heritage), in dem sich Stile aus Hanse, Osmanischer Architektur und k.u.k vermischen. Welch ein Glück, hat derjenige, der in dieser Umgebung studieren darf.

Tor zu Uni in Tschernowitz. Sieht fast aus wie in Zentralasien

Uni

Uni

Leo hat es da auch sehr gut gefallen

Wir geniessen den Tag sehr, trotz brütender Hitze. Wir wissen auch: Es wird vorest unser letzter Tag in einer Stadt sein. Die nächsten Etappen werden uns eher in die Natur führen.

Auch in Tschernowitz verändert sich vieles: Neue Cafes und Kneipen enstehen mit ganz eigenem Charakter. Ganz anders als bei uns, wo sich ein bestimmtes Thema in den gentrifizierten Stadteilen durchsetzt (z.B. Retro) und von dort aus einen Siegeszug in viele andere Städte macht. So finden sich dann ähnliche Bars und Kneipen in vielen anderen Städten wieder. Mangels westlicher Inspiration ist das hier vermutlich anders. Viele Läden sind einzigartig, spielen mit traditionellen Elementen der Wiener Kaffeehaus-Kultur, mischen sich mit Folklore der Bukowina oder Galiziens und andere sind dann wieder total eigenständig. Das ist echt toll. Hoffentlich dauert es noch ein bisschen, bis die Starbucks-und San Franciso Coffee Company-Jünger hier einfallen!

Besonders gefallen und geschmeckt hat es uns zum Beispiel im Secret Kitchen in Theaternähe – das Theater ist übrigens ein architektonischer Zwilling des Stadttheaters im fränkischen Fürth. Bei Wikipedia heisst es hierzu: Die Wiener Architekten Fellner & Helmer waren ursprünglich mit den Planungen und Bau des Theaters in Tschernowitz beauftragt. Allerdings wurde der Bau wegen Finanzierungsproblemen verschoben. Kurzfristig verwendeten die Architekten die Pläne für das Fürther Theater. 1904 bis 1905 wurde dann der Bau in Tschernowitz nachgeholt. So stehen in den beiden Städten fast gleiche Theater.

Im Secret Kitchen mit herrlicher hausgemachter Limonade

Immer wieder fallen die vielen Soldaten im Stadtbild auf. Bereits schon in Ivano-Frankivs sahen wir ein Rekrutierungsbüro für eine Freiwillgenarmee „Zum Ruhme der Ukraine“. Dann wird man wieder Gewahr, in welcher Krise diese Land eigentlich steckt. Denn man merkt das im Alltag eigentlich nicht. Wenn man des Kyrillischen mächtig ist und die Sprache halbwegs interpretieren kann (ich in diesem Fall durch Russischkenntnisse und Aga durch ihr Polnisch), so ist der durch Krieg bedingte Nationalismus im Westen der Ukraine unübersehbar, sicher nicht unentschuldbar aber mir zumindest zutiefst unsympathisch. Das ist aber auch das Einzige, was ich an diesem Land zu bemängeln habe – als Gast.

Das Bild unten zeigt einen Aushang des Rekrutierungsbüros der regulären ukrainischen Armee. Sie hat große Probleme Freiwillige zu bekommen für den Kampf im Donbass, den viele junge Menschen (wie sie mir sagten) für idiotisch halten und nicht führen wollen. So locken hier vermeintlich gute Gehälter (Soldat, Schütze ca. 230€, Sergeant ca. 280€ und Leutnant ca. 310€) eher die Typen an, die im wahren Leben auch nichts auf die Reihe kriegen. Aber das Problem haben wohl viele Armeen mit Bezahlsystem :-o. Laut einem Artikel, den ich gestern las, sterben an der Front mehr ukrainische Soldaten durch Alkohol, Suizid und Unfälle, als durch Kapfhandlugen. Tragisch genug…

Suche Mitkämpfer -biete (viel?) ein ordentliches Gehalt

 

Stufe 4 1120-1467Km Lancut, Lwiw. In der Stadt der Löwen

Das Schloss Lancut (auf deutsch tatsächlich Landshut)

Das Badezimmer der Potockis hat es Jörn echt angetan

Schlossgarten

Wir kommen an die polnisch-ukrainische Grenze. Ich habe ein leicht mulmiges Gefühl… So ganz anders als am Vortag, als wir ganz entspannt in die polnische Geschichte im Schloss Łańcut eingetaucht sind. Das kennt man gar nicht mehr so richtig, dass man an der Grenze warten muss. Es lebe die EU! Die Autoschlange bewegt sich nur sehr langsam vorwärts. Dabei haben wir schon einen kleinen Grenzübergang ausgesucht, Budomierz anstatt Korczowa, um lange Wartezeiten an der Grenze zu vermeiden. Endlich. Wir sind dran. Der Grenzbeamte schaut sich unser Auto genau an. Inspiziert Fächer und Stauräume. Die Grenzer sind hier sachlich, professionell, distanziert, aber auf jeden Fall freundlich… Dennoch, das mulmige Gefühl verstärkt sich… Ich erinnere mich an die Grenzübertritte als ich noch ein kleines Mädchen war. Da gab es noch den Eisernen Vorhang; Schäferhunde und Stacheldraht an der Grenze; unüberwindbare Gräben zwischen Ost und West. Danals war noch Oberschlesien in Polen mein Zuhause und der Westen ein Paradies, in dem wir einmal im Jahr die Familie besuchen durften. „Haben Sie Waffen dabei?“ fragt der ukrainische Beamte und da wird mir wieder bewusst, dass wir in ein Land einreisen, das sich genau genommen im Kriegszustand befindet. Andere Ukrainer, die an der Grenze mit uns auf die Einreise warten, zeigen sich sehr interessiert und wollen wissen, wohin wir fahren… Wir kommen ins Gespräch – auf Polnisch, Russisch und mit Händen und Füßen. Am Ende schütteln sie lächelnd den Kopf und fragen, warum wir nicht den Flieger genommen hätten.  Wir bekommen unsere Stempel in die Pässe.

Defintiv im Osten !

Nach nur wenigen Metern auf ukrainischem Boden werden die Strassen mit jedem Meter, den wir zurück legen, schlechter. Man kommt nur im Schneckentempo voran. Strasse kann man das nicht nennen, eine Ansammlug von Schlaglöchern schon eher. Kühe laufen über das, was man hier Fahrbahn nennt. Wir überholen ein Pferdefuhrwerk. Die Dörfer, die wir durchfahren, sind arm. Bunte und gepfegte Gärten vor den einfachen Häusern zeigen jedoch, dass es sich die Menschen schön zu machen versuchen – mit den wenigen Mitteln, die sie haben. Mein mulmiges Gefühl wächst und wächst... Ich hab durchaus vieles mitgemacht: Einfaches Backpacking in Asien, simple Verhältnisse auf Kuba, Übernachtungen im Auto auf Reisen in meiner Studentenzeit – ich bin wirklich alles andere als eine Prinzessin… Aber wenn man Mama ist, ist man irgendwie nicht mehr ganz so mutig und abenteuerlustig wie früher, so geht es mir zumindest. Ich frage mich nun:  Was wollen wir hier soweit im Osten? Warum haben wir unser Kind an diesen Ort gebracht, wo es so viel Armut gibt? Kurz zweifele ich an der Route, an der Sinnhaftigkeit unserer Unternehmung… Kurz sehne ich mich nach malerischen italienischen Dörfern und gepflegten österreichischen Campingplätzen.

Nun, gut, dass Jörn schon mal hier war. Es wird besser, sobald wir in Lviv / Lwow / Lemberg sind, beruhigt er mich. Und, was soll ich sagen: Er hat Recht behalten. In der zweitgrößten ukrainischen Stadt nach Kiew habe ich mich schnell wieder gut gefühlt. Es ist eindeutig eine k.u.k.-Stadt, die einstige pulsierende Metropole an den Handelswegen zwischen Ost und West, Nord und Süd. Fast 600 Jahre lang haben hier verschiedene Völker und Kulturen friedlich zusammen gelebt: Polen, Ukrainer, Russen, Deutsche, Juden, Rumänen und Armenier. Ob das heute genauso möglich wäre? Was für ein Geschenk für eine Stadt, so viele Kulturen zu beherbergen. Die verschiedenen Einflüsse haben aus Lviv eine Kostbakeit gemacht, die die UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt hat. Bemerkenswert: Im Prinzip wurde die gesamte Bevölkerung nach dem 2. Weltkrieg „ausgetauscht“: Vor dem Krieg lebten v.a. Polen und Juden in der Stadt, heute leben hier zu 90 % Ukrainer.

Die Stadt ist nicht herausgeputzt, aber sehr gut in Schuss – und vor allem voller Leben und voller netter Menschen. Viele kleine Lädchen und Cafés laden zum Bummeln ein.

Pralles Leben in den Strassen

Hippiebus. Made in Poland

UNESCO World Heritage Site

Samstags wird auch in der Ukraine fleißig geheiratet. Lviv ist dann voller Brautpaare und dient als Kulisse für Hochzeitsfotos.

Unter ukrainischem Himmel, der sich übrigens symbolisch auch in der Landesfahne findet: Das Gelb steht für die reifen Kornfelder der Ukraine, das Blau für den Himmel.

An jeder Strassenecke in Lviv wird musiziert oder getanzt. Und: Es gibt noch keine Zaras, H&Ms und Starbucks, was wir als sehr erfrischend empfinden. Zugegeben: Die Stadt muss noch einiges tun, damit sich Touristen besser zurecht finden – so braucht es zum Beispiel mehr Beschriftungen in englischer Sprache. Aber die junge Bevölkerung, optisch kaum mehr von der in Berlin, Barcelona oder Budapest zu unterscheiden, spricht hervorragend Englisch – und wenn man fragt, dann kommt man automatisch mit den Leuten ins Gespräch. Wir bleiben hier länger als geplant, weil es so schön ist. Und der Komfort in unserem Hotel Modern Art für 30€ die Nacht inklusive Frühstück sowie das leckere und preiswerte Essen (z.B. traditionell in Puzata Hata tragen ihren Teil dazu bei. Ach ja, eines habe ich noch vergessen: Ich war noch nie in einer Stadt mit so viel Kopfsteinpflaster unterwegs – wenn man einen Buggy schiebt, kann das schon mal nerven. Die ukrainischen Frauen jedoch stören sich offenbar weniger daran: Viele von ihnen sind auf Schwindel erregenden Highheels unterwegs.

Alles andere als blumige Aussichten. Das Leben ist sicher nicht einfach hier. Aber die Sträuße finden viele Abnehmer.

Remont – das bedeuet auf russisch und polnisch einfach, dass etwas nicht funktioniert, ggf. auch mal irgendwann repariert wird. Er reapriert hier seine Fenster

Er beobachtet den Verkehr

Was ist hier los?

Die Allee vor der Oper ist immer voller Leben. Hier tragen auch diese Herren ihre Partien aus. Schach – einach ein Klassiker in der gesamten Ex-Sowjetunion. Die Zuschauer waren derart gespannt dabei, dass es knisterte…

Wohin des Weges die Damen ?

Die waren richtig cool – 2 Saxophonisten und ein Schlagzeuger rocken den Rynok Platz…

… während ein paar Meter weiter, das Setting ehr traditionell ist: Junge Leute spielen ukrainische Volksmusik. Ergreifende slawische Meldodien.

Spaß haben wir echt viel bisher 🙂

Das hätte unser Hotel sein müssen – Hotel LEOpolis !

Tip 4: Lasst Euch nicht zu sehr von der verständlichen Vorausplanung treiben. Ja, auch wir hatten einige für die erste Zeit Übernachtungen im Voraus geplant und gebucht, wie z.B das tolle Hotel hier in Lemberg. Doch spontan haben wir uns entschlossen eine Nacht länger zu bleiben – weil es einfach passt und gefällt. Da sollte immer drin sein.

Internet: Gute Seite über Lviv findet Ihr hier

 

Stufe 3 829-1120Km Zabrze, Krakow

 

Dem Credo folgend, so lange wie mögilch heimatliche Gefühle zu pflegen, führte uns der Weg in den letzten Tagen in und durch Agas Kinderstube. Ein Teil der Familie lebt auch heute noch in Schlesien und speziell der Ort, in dem wir waren, hat eine sehr wechselvolle Zeit hinter sich. Nur ca. 200 Meter hinter Agas Kindheitshaus verlief die Grenze zwischen Polen und Deutschland. Viele gemischte Faimlien sind schon vor dem Krieg entstaden und der Handel blühte auf beiden Seiten. Die „reinrassig“ Deutschen wurden 1944/45 von der roten Armee vertieben, aber z.B. Kinder aus Mischehen konnten bleiben und lebten frei von Diskriminierung in Polen.

Für mich waren alle Begegnungen sehr interessant. Sehr herzlich und offen wurden wir empfangen. Ich frage mich natürlich jetzt umso mehr, warum die Polen es zulassen oder gar wollen, dass ihnen die gerade mal 25 Jahre alte Demokratie demontiert wird. Obendrein geht es den Leuten mittlerweile ja ganz gut, aber es gibt auch noch viel zu tun – so ganz alleine ohne die EU dürfte die Reise schwer werden…

Heute ein kurzer Hüpfer nach Krakau – ich bin begeistert. Die Stadt durchweht ein Hauch – ach was, ein Sturm von Aufbruch, Coolness und Veränderung. Ausserhalb der sehr schönen, aber auch sehr touristischen Altstadt sind viele Strassenzüge zu erforschen – ich würde sagen: aus der Gründerzeit. Diese sind voll mit netten Kneipen, Cafes und Läden. Das Ganze hat eine Patina wie im Berlin der 90er, also einfach nicht so perfekt – und daher genau meins.

Strassenzüge in Kasimierz

Strassenzüge in Kazimierz

Ready to sight-see

Der ehemals jüdisch gepräte Stadteil Kazimierz tut sich hier besonders hervor. Die Spuren jüdischen Lebens sind allgegenwärtig. Es ist richtig viel los in den Strassen und in den Cafes und Hinterhof-Biergärten sitzen nicht nur Toursten,sondern auch viele moderne, junge Polen, die schon rein optisch eher keine PiS Wähler sind.

Und dazu passt die allgegenwärtige Street Art, die ich der Avantgarde vor den Bildschirmen nicht vorenthalten will.

Die zwei hams verbockt !

Glück in der Fronleichnamstrasse – einfach nur schön !

Steet Art aus einer anderen Zeit

Allpolnische Hausnummer aus der guten sozialistischen Zeit 😉

Die Milchbar war früher im sozialistischen Polen eine Institution. Einfaches, oft gutes Essen für ein paar Groszy. Und hurra sie, die Milchbar, erlebt eine Renaissance. In der Milchbar „U Tomasza“ kehren wir also ein. Für zusammen zehn Euro  incl. Getränke gab es klassich polnische Küche. Leo konnte ich diese Leckerien wirklich nicht vorenthalten.

Milchbar „U Tomasza“

Hinter einer der Synagogen

Der Burgberg „Wawel“

Biergarten Mleczarnia

Alles super im Mleczarnia

Stufe 2 195-829Km—Erzgebirge, Bautzen, Wroclaw

Joern

Ich wusste immer, dass die Sachsen freundlich sind, sehr freundlich sogar. Entsprechend herzlich war der Empfang bei einem alten Freund im Erzgebirge, wo wir einen schönen Abend verbrachten.

Danke Kurtzers!

Danke Kurtzers!

Tip 2: Plane Deine Reise so, dass die Route bei Freunden, Verwandten oder Bekannten vorbei führt. Normalerweise freut sich fast jeder über Besuch. Das hält alte Freundschaften frisch und macht es Dir leichter, in der Fremde anzukommen – es ist nicht so der ganz schnelle Sprung ins kalte Wasser.

Der dritte Reisetag auf der Autobahn war lang. Für Leo wahrscheinlich zu lang. Da müssen wir in unserer Planung noch besser werden. Auch wenn wir gehofft haben, mit einem Zwischenstopp in Bautzen die Fahrt für ihn – und uns – ein wenig angenehmer zu machen – so haben wir so die Reisezeit bis zum Tagesetappenziel natürlich widerum in die Länge gezogen. Nichtdestotrotz war der Ausflug nach Bautzen wunderschön: Die Stadt liegt nur ein paar Kilometer von der polnischen Grenze entfernt und sie bietet von der Autbahn ein bemerkenswertes Panorama. Der Anblick lockt. Die Stadt ist eine Offenbarung: Ein saniertes mitterlaterliches Zentrum auf einem malerischen Hügel, umgeben von herrlichen Straßenzügen aus der Gründerzeit, fällt in mehreren Kaskaden zur Spree herab. Bautzen lohnt sich auf jeden Fall! Schade nur, dass immer wieder rechtsradikale Gewalt den Ruf der Stadt in den Dreckt zieht.

Bautzen - am Rathaus

Bautzen – am Rathaus

Bautzen - Weg zu Spree

Bautzen – Weg zu Spree

Bautzen – am Wasserturm, der ein Museum beherbergt.

Strassenszene Bautzen

Bautzen - einfach schön

Bautzen und sein Jahrhunderte altes Kopfsteinpflaster – schön, fürs Auge, schlecht für Highheels – und Buggys. 😉

Nun, in Breslau kommen wir langsam im Reisemodus an. Allerdings ist Leo gestern Nacht sehr unzufrieden mit uns oder sich gewesen, so war die Nacht kurz und das schöne Breslau erschien uns heute etwas surreal.

Breslau - Bespaßung für alle am Rynok (der Seifeblasenmann sammelt für eine Weltreise)

Breslau – Bespaßung für alle am Rynek: Dieser junge Pole sammelt mit Seifenblasen Geld für seine Weltreise. Wir schmeißen Münzen in seinen Hut und hoffen, dass sein Traum nicht wie eine Seifenblase zerplatzt.

Tram in Breslau und Leo wieder glücklich

Breslau Zentrum - sehr alt und alt nebeneinander. Unten drin die hippe Studentenbar

Breslau Zentrum – sehr alt und alt nebeneinander. Unten drin die hippe Studentenbar

Tip 3: „Der Kleine bstimmt den Rhytmus“ sollte nicht nur ein Wahlspruch sein. Wenn man sich nicht daran hält, wird man es ziemlich sicher später bereuen. Reiesübermüdete Kinder machen echt keinen Spaß. Also anhalten, Pause machen und Abwechslung anbieten, wenn es mal lang wird mit der Fahrerei!

Am Wegesrand: Schon beschrieben, Bautzen einfach mal hinfahren http://www.bautzen.de/

Stufe 1 Km 0-195—Die Oberpfalz

Joern:

Aufbruch in Freising

Aufbruch in Freising

Es ist vollbracht gestern gegen 15:30 Uhr sind wir nach hektischen Tagen des Packens, Organisierens und leider auch Arbeitens ziemlich platt aufgebrochen.

Da wir unsere Wohnung vermieten war das Ganze dann doch ein halber Umzug – ich dachte wir stellen mal schnell sechs Umzugskisten Privates in das nicht vermietete Zimmer. Es waren dann doch mehrere Tage/Abende Packerei und Putzerei. Dummerweise musste ich auch noch arbeiten, so dass das Ganze für Aga, immer mit Leo in der Manduka nicht so sehr vernüglich war.

Tip 1: Nimm dir ein paar Tage frei vor einer solch großen Tour, sonst wird das mit der Vorbereitung echt heftig. Man ist dann aber auch garantiert urlaubsreif 🙂

Damit es auch richtig lustig wird, hatte ich dann noch ein Set Wohnungsschlüssel und den Ersatzschlüssel von Gurkensalat „verlegt“ und das fünf Minuten vor Abfahrt. Der resultierende Suchstress hat mich mindestens ein Jahr Lebenszeit gekostet…der Schlüssel war dan fein säuberlich verpackt im Auto. Endlich im Auto, fing es an zu regnen Urlaubsfeeling machte sich nicht breit – es fühlte sich eher an als würden wir zu Aldi zum Einkaufen fahren. Der erste Stau in Moosburg und der nächste in Regensburg liess dann aber unvermeidlich einen wunderbaren „Deutschland auf der Autobahn in den Sommerferien“ Vibe aufkommen. Endlich war das lange ersehnte Reisefieber war da.

Parkstein

Parkstein

Erste Station, das schöne Parkstein in der Oberpfalz. Sitz des „schönsten Basaltkegels Europas“, hier zitiere ich Alexander Humboldt! Und Sitz einer der erstaunlichsten Dialkete Deutschlands.Übernachtung bei Gabi und Michel in weichen Betten, die wir bald sehr vermissen werden und leckeres Frühstück. Weiter gehts heute bis ins Erzgebirge.

Unser Expeditionsmobil–Gurkensalat

Gurkensalats Heimat - die schöne Oberpfalz

Gurkensalats Heimat – die schöne Oberpfalz

Unser Expeditionsmobil–Gurkensalat

Nun, zuerst einmal musste ich bald in diversen einschlägigen Blogs und Foren herausfinden, dass so ein treuer Begleiter mit dem und in dem man soviel Zeit verbringt einen Namen braucht und fast immer auch hat.

Die meisten dieser Gefährte haben interessanterweise  Namen von männlichen Hunden oder andere seltsame Kosenamen. Da findet sich ein Bonzo und ein Kuno, der Hektor, der Raul und dann noch Knubbel, Dicker und Moppel. Weibliche Namen scheinen nicht in Mode zu sein. Insgesamt musste ich hier schon ziemlich oft schmunzeln und natürlich habe ich mich auch gefragt, ob das etwas typisch Deutsches ist dem Auto einen Namen zu geben.  Doch andererseits sind die Reisenden deren Blogs ich mir ageschaut habe der Deutschtümelei eher absolut uverdächtig. Es muss also Liebe sein und Verbundenheit, vielleicht auch Abgerglaube. Alles nette Eigenschaften die mir gefallen und dennoch….nein ich kann unseren Wagen einfach nicht Alfonso oder Luigi nennen.

Es muss schon etwas Beklopptes her, etwas mir postiver Konnotation und dennoch irgendwie nichts zu Ernstes und Sperriges. Der Transit wurde schon vor dem Abholen getauft und jeden Tag den die Abholung näher kam umso öfter kam der Name schon über unsere Lippen: Gurkensalat so heisst er !

Ein schöner wohklingender Name der….nun gut zum Auto:

Ursprünglich wollte ich eigentlich unseren Grand Cherokee ausbauen und mit einer Schlafgelegenheit für diese Reise ertüchtigen. Doch schon bei der letztjährigen Transkarpatentour auf der ich alleine im Wagen war und unserem Pärchentrip auf die Fusion 2016 ist mir aufgefallen, dass der Wagen zwar tolle Geländefähigkeiten hat, jedoch innen wenig Platz bietet. Schlafen zu zweit ist noch ok, aber wenn dann noch massenhaft Equipment dazu kommt ist es vorbei. Oder wenn es, wie auf der Fusion passiert, plötzlich zu regnen beginnt, stopft man die nassen Sachen hektisch in das Auto und da sitzt man dann drauf. Von Kochen und Schlafen kannn da gar nicht mehr die Rede sein.

Also gut ein Auto mit Platz muss her – Wohnmobil oder Camper. Am besten geländetauglich….was das Budget ist nur 8000€? Da fehlen wohl 50000€. Also streichen wir das geländetauglich und ersetzen es mit “hochbeinig” oder bedingt geländetauglich, wenn der Fahrer was kann .

Der Traumwagen ;-)

Der Traumwagen 😉

Meine Anforderungen also:

  • Saugdiesel
  • Wenig, ganz wenig Technik
  • 3 Schlafplätze
  • Kochgelegenehit
  • Kühlschrank
  • Ausreichend Zuladung
  • Technisch ok bis gut

Der Markt ist sehr übersichtlich. Gnadenlos überteuerte VW T3 bis T4 die mit ihren mehr oder weniger robusten Diesemotoren alle irgendwie 500-700.000 Km auf die Uhr geschafft haben sollen also mindestens 12000€ Euro kosten. Wirklich ???? Wer kauft sowas…ich nicht! Der einzige Motor dem ich da über den Weg traue ist eh der 77PS 2,4 Liter Fünfzylinder. Dann darf man aber auch noch Geld in die verratzte Innenaustattung und die nicht funktionierenden Geräte stecken in der Generationen von Surfern und Dauerreisenden “gebastelt”, gerastet, geliebt und was weiss ich noch alles haben. Dann gibt es noch die untermotorisierten Ducatos und Peugeots, Citroen etc. Leider rosten die wie verrückt und haben meist nicht mal 70 PS

Ich habe also meinen Suchalgorythmus bei Ebay Kleinazeigen auf Wohnmobil bis BJ 1995, Marke egal, Preis bis €8000 konfiguriert und da kamen immerhin 2 Fahrzeuge bei raus. Der Ford Transit wurde sofort und ohne Umschweife bei der Besichtigung in der Oberpfalz gekauft. Ein Traumobjekt aus zweiter Hand. Beide Hände wahren pflegliche Spießer (ich liebe sie!) die den Wagen behandelt haben wie den eigenen Jagddackel. Nie im Winter gefahren, ein Scheckheft voller Stempel, dazu ein Ordner mit Bedienungsanleitungen, Dokumentation etc. Von innen sieht der Wagen fast aus, als wäre er gerade frisch vom Messestand bei EuraMobil gekauft worden – siehe Fotos. Alles, aber auch wirklich alles fuktioniert innen, keine Basteleien, kein Dreck – einTraum! Dazu kommt noch der ausreichend kräftige und eigentlich unkaputtbare 2,5 Liter 80PS Saugdiesel von Ford der auf der Heimfahrt bei konstant 110 Km/h 9,5 Liter verbrauchte. Diser Ford Transit erfreut sich in der Hälfte der avisierten Länder eines zweiten oder drittens Lebens also sogennennte Marschrutka (Minibus im öffentlichen Verkehr) und kann von jedem Schäfer am Strassenrand mit einem Schraubenzieher repariert werden (oder so ähnlich).

Küche Gurkensalat

Küche Gurkensalat

Für 4400€ gehörte Gurkensalat uns. Jetzt kriegt er aktuell noch eine ordenliche Inspektion, neue Reifen und frisches Öl. Gedankenspiele ihn noch weiter fürs Geläde zu ertüchtigen habe ich fallen lassen. Im Kaukasus wird er einige haarstäubende Strecken meistern müssen, jedoch handelt es sich meist um Gebirgswege die höchstens mal mit Furten oder tiefen Löchern aufwarten. Der Hecktiebler gilt als gutmütig auf schlechten Wegen. Für die schlimmsten Situationen kommen noch zwei günstig ersteigerte Sandbleche mit an Bord.

Heck Gurkensalat

Heck Gurkensalat

Da fällt mir ein dass ich vor Jahren mal einen Blog gelesen habe, wo einer Transafrika mit eben diesem Transit gefahren ist….und das ging auch!

Nun soviel zum Auto, soviel zu Gurkensalat – vorerst

Interieur fast wie neu

Interieur fast wie neu