Stufe 11 4780- 5528Km Griechenland Monemvasia und Zagorochia

Es war dann doch Zeit für eine kleine Auszeit, diese haben wir uns jetzt gegönnt: Zehn Tage Ruheoase in der Nähe des wirklich sehr pittoresken Ortes Monemvasia. Unser Nest lag in fast völliger Abgeschiedenheit und Stille, in 350 Meter Höhe, in den Hängen über dem Meer, unser Blick von der Terrasse – spektakulär. Tagsüber hörte man nur ab und zu ein Auto vorbei fahren, die Hunde im nächsten Dort bellen und die Grillen zirpen. Nachts war es so dunkel, dass man die Milchstrasse richtig gut bewundern konnte und viele Sternschnuppen fliegen sah.

Blick von unserem Nest nach Monemvasia

In den zehn Tagen waren wir gleich zweimal in der Altstadt von Monemvasia – zumindest im September sind die Gassen fast leer gefegt und schlummern vor sich hin. Es ist ein Ort zum Verlieben! Schon allein die Lage auf einer Felseninsel! Nur eine einzige Straße verbindet den Monemvasia-Felsen, dessen Wände steil aus dem Meer aufsteigen, mit dem Festland. Der Fels an sich wirkt schon wie eine Festung. Im Übrigen ist es kaum jemanden gelungen, die Stadt in ihrer jahrhundertealten Geschichte (ihre Ursprünge gehen etwa ins 6. Jhr. zurück) zu erobern. Sie galt aufgrund der Lage als unbezwingbar, als sie von den Byzantinern gegründet wurde. Es gab nicht viel Platz auf dem Felsen – und so wurde alles etwas kleiner gebaut, ja platzsparender, als auf dem Festland: Die Häuser, die Gassen und die Kirchen. Die meisten Häuser sind wunderschön hergerichtet und sehen aus wie vor Jahrhunderten. An der Hauptgasse gibt es winzige Souvenirläden und viel Handgemachtes zum Kaufen, viele Cafes und Restaurants kommen im Puppenstubenformat daher. Als ich die Toilette aufsuche, muss ich den Hut ablegen, so eng ist es hier. Aber genau das macht den Charme des Ortes aus. Man möchte einfach nur durch die Gassen schlendern, versteckte Treppen entdecken und Durchgänge inspizieren. Ein Spielplatz für Erwachsene mit einer romantischen Ader!

Monemvasia – Platz im kleinen Zentrum

Unter den Osmanen verlor der Ort an Bedeutung, die Häuser verwahrlosten, die Leute zog es auf das Festland, wo das Wohnen inzwischen komfortabler war. In 1980er Jahren wohnten in der Altstadt nur noch 20 Leute. Aber: So langsam entdeckte man den Ort wieder. Reiche Athener suchten ein eigenes Refugium, Künstler eine inspirierende Umgebung, andere wiederum sahen das touristische Potenzial des Ortes – und so begannen sie alle den Ort wieder aufzubauen und etwas Wunderbares zu schaffen – das heutige Monemvasia. Es ist übrigens ein Ort, den ich allen ans Herz legen will, die zum Beispiel einen Hochzeitsantrag machen wollen. Auch perfekt für eine Hochzeitsreise geeignet.

Monemvasia – Byzantinische Kirche ganz oben am Berg

Monemvasia – romantische Gassen

Monemvasia – Nach der Hochzeit

Monemvasia – Während der Hochzeit

 

 

Von unserer Basis aus konnten wir auch wunderbare Wanderungen am Meer unternehmen. Man läuft auf gut ausgeschilderten Wegen, immer an der Küste entlang. Hier begegnen wir keiner Menschenseele statt dessen sehen wir immer wieder Schildkröten im Meer schwimmen. Ein wunderbarer Moment.

Traumhafte Küste ganz für uns alleine

Wanderung Richtung Kastania Höhle – Unten im Meer, immer wieder Schildkröten

Leider kommt auch ein trauriger Moment gleich hinterher. Wir sehen Tonnen von Müll in den Buchten. Unmengen von Plastikflaschen. So sehen einsame Buchten heute meistens aus. Überall auf der Welt. Das zeigt uns wieder, wie schlecht wir unseren Planeten behandeln. Wir verstehen einfach nicht, warum diese Plastikflaschen nicht einfach verboten werden. In den Tagen vor der Bundestagswahl 2017 in Deutschland wird wieder viel geredet über staatliche Eingriffe in das Leben der Menschen, aber bei einigen Dingen, wie dieser Flut an PET Flaschen, scheint es einfach nicht anders zu gehen. Früher ging es doch auch ohne! Wie die Meere aussehen werden, wenn Leo einmal groß ist? Dieser Gedanke wiegt einmal mehr ganz schwer in unserem Wandergepäck.

Verfluchtes Plastik -Hier verschlägt es einem den Atem

 

Ein paar schöne Badetage haben wir auch wieder zwischendurch gehabt. Einen ganz besonderen auf der Insel Elafonisos. Zugegeben, kein billiges Vergnügen, denn die Fähre allein kostet schon über 30 Euro, obwohl die Überfahrt nur 10 Minuten dauert. Aber es lohnt sich. Die Insel hat karibische Strände und bietet ein ganz besonderes Badevergnügen. In der Hochsaison soll sie allerdings sehr überfüllt sein, im September jedoch ist sie jeden Cent wert.

Traummeer und großer Badespaß in Elafonisos

Durchreise Westpeloponnes – Picknick am Strand

Die letzten Tage in Griechenland haben einen echten Tapetenwechsel mit sich gebracht. Wir sind im Norden bei Ioannina, einer der wenigen wirklich schönen Großstädte Griechenlands.

Die Gegend nennt sich Zagorochia von „Za“ und „Gorje“ (slawisch für „hinter den Bergen“) und das ist es wirklich. Zum ersten Male empfinde ich (=Jörn) ein wenig Trost für den Verlust der Berg-Erlebnisse im wilden Kaukasus, da wir uns ja gegen die Reise dorthin entschieden haben. Hier sagen sich Fuchs und Hase, oder besser gesagt Wolf und Bär, gute Nacht. Die Landschaft im nördlichen Bundesland Epirus ist geprägt von mächtigen Gebirgsstöcken, an denen in Zagorochia viele kleine Gebirgsdörfer kleben. Diese Dörfer waren früher derart abgeschieden, dass die Osmanen einen Deal mit den Einwohnern hatten und sie die Dörfer de facto unter Selbstverwaltung stellten. Dafür wollten die Osmanen regelmäßige Steuerzahlungen und Männer für das Heer. So konnten die Dörfer ihre Identität bewahren und profitierten von der Baukunst der Osmanen, was heute noch durch prächtige Bogenbrücken und die typischen Steinhäuser offenbar wird. Fast alle Dörfer sind geschlossene Ensembles von mächtigen Steinhäuser, die unter Denkmalschutz stehen.

Megalo Panpingo auf 1100 Metern

Als die Junta in den 70ern einen Spekulations- und Baumboom auslöste, was den meisten Orten in Griechenland das heutige fragwürdige Gesicht gab, waren die Dörfer der Zagorochia fast verlassen. Niemand hatte, Gottseidank muss man sagen, Interesse daran, die allgegenwärtigen Scheußlichkeiten auch dort zu errichten. Und so ist heute jedes der 46 Dörfer ein Freilichtmuseum für sich. Die Dörfer sind mit Pfaden und Brücken so wie früher miteinander verbunden, so dass man wunderbar von Dorf zu Dorf wandern kann. Dabei bleibt man fast immer allein auf weiter Flur – nur wenige Touristen sind hier unterwegs. Die Gegend ist ganz klar noch ein Geheimtipp außerhalb Griechenlands. Fast alle Häuser in den Dörfern sind heute wunderschön und originalgetreu hergerichtet. Die meisten beherbergen kleine Hotels, Tavernen und Cafes. Kein Hotel hat jedoch mehr als 10 Betten. Leider gibt es heute keine Schulen und Geschäfte mehr in den Dörfern, so dass die Gefahr groß ist, dass sie, mit weiterer Abwanderung, ihre Authentizität einbüßen und reine Museums- und Touristendörfer werden.

Megalo Papingo – das ist ein Hotel

Mikro Papingo – Blick übers Dorf

Mikro Papingo – Kirche

Ein weiterer Wandertipp: Markant ist die Vikos Schlucht, in die man hinabwandern kann. Wer Lust hat, durchquert die Schlucht ganz – das sind dann 10 km einfach und damit auch eine tolle Tageswanderung. Die Vikos Schlucht ist die tiefste Schlucht der Erde, wenn man das Verhältnis von Breite und Tiefe berücksichtigt.

Monodendri – Über der Vikos Schlucht

Monodendri – Abtsieg in die Vikos Schlucht

Ich fühle mich hier superwohl. Wieder einmal stelle ich fest: Berge sind mein Lebenslexeier. Selbst als sich zum ersten Mal in zehn Wochen das Wetter wandelt und der Herbst schlagartig Einzug hält – mit Regen und 9 Grad in der Früh, bin ich guter Dinge und unternehmungslustig. Wir unternehmen drei tolle Wanderungen an den drei Tagen und sind wirklich beeindruckt von Flora, Fauna und auch der tollen Geologie – die Felsformationen sind sehr abwechslungsreich und spektakulär. Lediglich Aga hat ab und zu ein mulmiges Gefühl beim Wandern – ob der vielen Bären in der Gegend. Wir werden irgendwann ganz sicher wiederkommen.

In Zagori – Tolle geologische Formationen

In Zagori – Diese Bogenbrücken finden sich überall

Zu diesem rundum schönen Aufenthalt hat auch Lucas, unser Gastwirt, beigetragen – ein vor Jahrzehnten ausgewanderter Belgier, der sich hier einen Traum erfüllt und zwei alte Steinhäuser umgebaut hat. Nun vermietet er seine blitzsauberen und schönen Zimmer und erfreut uns Abend für Abend am Kaminfeuer mit Geschichten über die Gegend und Griechenland aus der Sicht eines integrierten Zuwanderers. Höchst amüsant und interessant. Wir empfehlen daher sein Guesthouse ohne Wenn und Aber.

Unser tolles Guesthouse in Apraggeli – Abschied von Lukas

Noch ein paar Tipps aus der Sicht der Elternzeitreisenden mit Baby:

  1. Es gibt so gut wie keine Baby-Gläschen zu kaufen in Griechenland. Die wenigen, die wir zu Gesicht bekamen, waren von Nestle und extrem teuer (3,99€). Wir kochen zwar auch selber für Leo, aber „on the Road“, auf die Schnelle, sind Gläschen halt schon praktisch. Man sollte also einen ordentlichen Vorrat an Gläschen mitbringen oder sich komplett auf Selbstkochen einstellen.
  2. Windeln sind auch sehr teuer (wie im Übrigen Babybedarf generell) –- also am besten mitbringen. So viel wie möglich!
  3. Bei der Auswahl der Unterkünfte und Campingplätze haben wir mit der Zeit gelernt, darauf zu achten, dass sie unbedingt eine Umgebung haben sollten, wo man spazieren gehen kann, oder sonst wie Abwechslung mit dem Baby haben kann. Unser Nest in Monemvasia war zwar wunderschön, aber es gab nur eine Bergstrasse, keine Wanderwege oder sonstigen Auslauf. Es ist einfach super, wenn man Leo in die Manduka schnallen und loslaufen kann oder einen kleinen Ort in der Nähe hat. Auch in der kleinen Bucht im Chalkidiki war das nicht möglich. Man fühlt sich dann manchmal ein bisschen eingesperrt.

Vergesst nicht, dass sich das Kind in zwei, drei Monaten Reisezeit immens entwickelt. Leo lag nur rum, als wir losgefahren sind. Jetzt sitzt er, krabbelt, und stellt sich, mit den Ärmchen an Gegenständen haltend, hin. Dass er während der Reise z.B. sitzen lernen würde, haben wir irgendwie nicht bedacht. Jetzt wünschen wir uns die ganze Zeit einen Babyhochstuhl. Denn nun sitzt er beim Essen entweder auf dem Schoss von uns oder nölt am Boden sitzend, da er natürlich auf Augenhöhe möchte –  beides ist beim Essen kein Vergnügen. Denkt also an all die Entwicklungsschritte, die Euer Baby durchlaufen wird und bereitet Euch vor der Reise am besten auf diese Meilensteine vor (z.B. Krabbeldecke, Schlafsack, Babyhochstuhl etc.). Natürlich kann man auch nicht immer alles mitnehmen…